11. Juni 2017

Grundeinkommen

Stefan Perini ("Wirtschaft Quer")

Noch sind die Zeiten nicht reif für das bedingungslose Grundeinkommen, doch im modernen Wohlfahrtsstaat führt uns der Weg dahin.

Als Handelsoberschulabgänger und Volkswirt ist es wie ein Sprung über den eigenen Schatten, mich mit der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens anzufreunden. Doch diese Idee hat immer stärkeren Zulauf und ist mittlerweile auch in Wirtschaftskreisen salonfähig.

Das Grundeinkommen ist jenes Einkommen, das eine Gesellschaft jedem ihrer Mitglieder ohne Gegenleistung gewährt. Bedingungslos. Es soll die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Im Unterschied zur herkömmlichen Grund- bzw. Mindestsicherung in modernen Wohlfahrtsstaaten geht das Grundeinkommen nicht an Haushalte, sondern an Personen. Es steht jedem Individuum zu, unabhängig von sonstigen Einkommen. Es wird gezahlt, ohne entsprechende Arbeits- oder sonstige Ausgleichsleistungen zu verlangen. In der Kritik am bedingungslosen Grundeinkommen geht es im Wesentlichen um die richtige Höhe des monatlichen Betrags, um den fehlenden Leistungsanreiz und die Zweifel über die Finanzierbarkeit des Ganzen.

Drei Argumente müssen hier mit einfließen. Die vierte industrielle Revolution wird Arbeit und Einkommen massiv vom Menschen auf Roboter und Technik verlagern, was zu neuen Überlegungen über die Verteilung des Volkseinkommens führen muss. Zweitens: Der Wohlfahrtsstaat sichert heute schon das Lebensminimum über soziale Transferleistungen – mit nicht unerheblichen Streuverlusten und viel Bürokratie. Drittens: Denkt man die Geschichte des Wohlfahrtsstaates ab seinen Anfängen im 19. Jahrhundert weiter, dann ist es durchaus denkbar, dass wir eher früh als spät beim bedingungslosen Grundeinkommen landen.

Zuerst erschienen in „Die Neue Südtiroler Tageszeitung“ vom 10. Juni 2017

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