10. August 2020

81% sehen große Kluft zwischen Arm und Reich

Foto: Pexels

Ungleichheit

Die Unterschiede in Südtirol zwischen denen, die viel haben und jenen, die wenig haben, bewerten Südtirols Arbeitnehmer*innen zu 31% mit „sehr groß“ und zu 50% mit „groß“. Als Hauptursachen machen die Befragten die Wirtschaftspolitik aus, gefolgt von der Lohn- und der Steuerpolitik. Neben einer soliden Bildungsbasis und mehr Angeboten für lebensbegleitendes Lernen brauche es eine stärkere Beteiligung von Frauen in Entscheidungsprozessen, sagen Südtirols Arbeitnehmer.

Noch ist der epidemiologische Notstand nicht ausgestanden, und schon debattiert man in Kreisen der Wirtschaft- und Sozialforschung darüber, wie der wirtschaftlicher Aufschwung und der Abbau der Schuldenlast sozial gerecht verteilt werden könnte.

In der Sommerausgabe des AFI-Barometers hat das Arbeitsförderungsinstitut Südtirols Arbeitnehmer*innen mit der Frage konfrontiert, wie hoch sie die wirtschaftliche Ungleichheit in Südtirol einstufen, worin sie die Ursachen sehen und an welchen Stellschrauben gedreht werden sollte, um die Situation zu entschärfen.

Wahrgenommene Kluft bleibt bedeutend

Wie das AFI vorausschickt, muss zwischen der gefühlten und der aus Verwaltungsquellen belegbaren Vermögens- und Einkommensungleichheit unterschieden werden. Die folgende Darstellung gibt somit nur die subjektive Wahrnehmung der interviewten Arbeitnehmer*innen wieder. Ihrer persönlichen Einschätzung nach stufen 81% der im AFI-Barometer Befragten die bestehende Ungleichheit zwischen Arm und Reich in Südtirol als „sehr groß“ (31%) oder „groß“ (50%) ein. In den AFI-Barometer-Befragungen der Vorjahre waren die Werte zum Teil noch höher, dennoch lässt sich für den Zeitraum 2015-2020 kein eindeutiger Trend in die positive Richtung ablesen.

Wirtschaftspolitik berücksichtigt zu wenige Aspekte der sozialen Gerechtigkeit

Den Hauptgrund für die Kluft zwischen Arm und Reich ortet 29% der Südtirols Arbeitnehmerschaft in der gesamtstaatlichen und lokalen Wirtschaftspolitik. Offensichtlich sind viele der Meinung, dass die Wirtschaftspolitik heute zu wenig die Aspekte der sozialen Gerechtigkeit beinhalte. 26% sehen in einer verfehlten Lohnpolitik den Grund für Ungleichheiten. 21% finden, das bestehende Steuersystem fördere mehr die wirtschaftliche Auseinanderentwicklung der Gesellschaft als dass sie dazu beitrage, diese zusammenzuführen würde.

Bildungs- und Frauenpolitik zentrale Stellschrauben

Zu den Interventionsschienen, um Ungleichheit entgegenzuwirken: Am stärksten in der Gunst von Südtirols Arbeitnehmer*innen steht die Garantie einer soliden Bildungsbasis und von lebensbegleitender Weiterbildung (71% stufen diese Maßnahme als „sehr wirksam“ ein). Dicht darauf folgt die stärkere Beteiligung der Frauen in Entscheidungsprozessen (68%). Die Schaffung von qualitativ hochwerteigen Arbeitsplätzen sehen 54% als zentrales Element. Ein progressives Steuersystem in Kombination mit Transferleistungen stufen 50% als sehr wirksam ein.

Stellungnahme von AFI-Präsident Dieter Mayr

„Wir wünschen uns, dass sich durch Corona der soziale Verteilungskampf nicht unnötig zuspitzt. Grundlage dafür ist, dass alle Entscheidungsträger den sozialen Frieden als hohes Gut anerkennen.“

Die Diagramme:

Das AFI-Barometer erscheint viermal im Jahr (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) und wiedergibt das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmerschaft. Die telefonisch geführte Umfrage betrifft 500 Arbeitnehmer und ist für Südtirol repräsentativ.

Die nächsten Umfrage-Ergebnisse werden Mitte Oktober 2020 vorgestellt. Nähere Informationen erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T 349 833 40 65, stefan.perini@afi-ipl.org) oder AFI-Forscher Friedl Brancalion (T. 0471 41 88 40, friedl.brancalion@afi-ipl.org).

AFI Pressemitteilung | Arbeitnehmer*innen | Einkommen

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