21. Dezember 2020

Verkrustete Denkstrukturen aufbrechen

Foto: Pexels

Wohnen

Auf eine „Ballonfahrt“ über die Welt des Neuen Wohnens durfte das AFI letzten Donnerstag rund 70 an einem Webinar teilnehmende Personen mitnehmen. Vorgestellt wurden sieben in-teressante Erfahrungen aus dem deutschen und italienischen Sprachraum. Kommentiert und bewertet wurden diese von vier Sachverständigen und Entscheidungsträgern aus Südtirol.

Mit „AFI im Dialog“ gab am Donnerstag (17.12.2020) AFI-Präsident Dieter Mayr den Startschuss für eine neue Reihe von Veranstaltungen, die sich rund um das 25-jährige Bestehen des Instituts im Jahr 2020 dreht und die mit einer Jubiläumsfeier im Sommer 2021 ihren Abschluss finden soll.

Mit dem Ziel, sich über jene Themen auszutauschen, die den Arbeitnehmer/Innen besonders unter den Nägeln brennen, macht sich das AFI mit diesem neuen Format auf der Suche nach guten Beispielen und tritt mit Sachverständigen und Entscheidungsträgern in den Dialog. Dazu AFI-Direktor Stefan Perini: „Wir wollen zum Mitdenken im Sinne einer wünschenswerten Zukunft für Südtirol anregen“. Der Blick sei zukunftsgerichtet, unvoreingenommen, radikal sozial- und umweltgerecht. Es gehe vor allem darum, verkrustete Denkstrukturen aufzubrechen. „Gerade was die Formen des Wohnens und der Wohnbauförderung anbelangt, merkt man in Südtirol starke Verkalkungserscheinungen.“

Die rund zweistündige Ballonfahrt über die Welt des Neuen Wohnens begann in Wien, führte über Graz und Trient in den Vinschgau – genau genommen nach Schlanders und Glurns – um in Lajen im Eisacktal zu enden.

Etappe 1: Wien – Bahnhofsareal. Nicole Büchl von wohnfonds_Wien stellte am Beispiel Sonnwendviertel vor, wie die Stadt Wien gehandelt hat, um die am Hauptbahnhof frei werdenden Flächen einer möglichst sozialgerechten Nutzung zuzuführen. Die Ausgangsituation von Wien ähnelt jener der Stadt Bozen – die politischen Weichenstellungen unterscheiden sich allerdings.

Etappe 2: Wien – „Das Dorf in die Stadt bringen“. Markus Zilker von einzueins architekten sprach über das „Wohnprojekt Gleis 21” als Beispiel einer konkreten Umsetzung im Sonnwendviertel. Solida-risch wohnen, nachhaltig genießen und Stadtkultur mitgestalten werden dort großgeschrieben.

Etappe 3: Graz – Wohnen als Verkörperung eines Lebensmodells. Martin Kolaritsch stelle die Er-fahrung von „Kooperatives Wohnen Volkersdorf vor“. Die WoGen Wohnprojekte-Genossenschaft e.Gen. ist Österreichs erste und einzige Bauträgerin, die ausschließlich gemeinschaftliche Wohnprojekte mit und für Menschen verwirklicht, die in Gemeinschaft leben wollen. Gemeinschaftliches Wohnen als Lebensphilosophie, welche die Baufertigstellung überdauert.

Etappe 4: Trient – Mehrgenerationenhaus. 1 Haus, 7 Senioren, 3 Jugendliche. Wie in einem Couhou-sing-Projekt 10 Menschen zueinanderfinden und sich gegenseitig unterstützen, zeigte Daniela Bottura – Präsidentin der Genossenschaft SAD auf. „Casa della Vela Trento“ wurde von UNECE als eines von 11 Vorzeigeprojekten auf Europaebene im Sachen innovative Sozialpraktiken (“Innovative and empowering strategies for care”) ausgewählt.

Etappe 5: Schlanders – Innovative Nutzung von Militärarealen. Wie aus der ehemaligen Palazzina Servizi in der Drusus-Kaserne Schlanders ein Social Activation Hub sowie Coworking-Spaces entstehen konnten, zeigte Hannes Goetsch von BASIS Vinschgau Venosta auf – ein Projekt mit Strahlkraft weit über Schlanders hinaus.

Etappe 6: Glurns – Neues Leben im Altstadtkern. Der ehemalige Bürgermeister Alois Frank erläuter-te, wie die Gemeinde Glurns sanierungsbedürftige Wohnkubatur ankaufte, renovierte und Ansässigen zum Kauf (zum Selbstkostenpreis für die Gemeinde) anbot. Dank der Ortskernförderung des Landes konnten in Glurns Ansässigen 12 Wohnungen zum Preis von 2.800 € / m2 netto anbieten.

Etappe 7: Lajen – Neue Wohnzonen mit Preisbindung. In der Gemeinde Lajen soll eine neue Bauzone für 50 Wohnungen mit Preisbindung entstehen. Bürgermeister Stefan Leiter spricht von einem Win-Win-Win-Modell: Aufgrund der etwas höheren Baudichte von 2,2 attraktiv für den Investor; attraktiv für die Gemeinde, die einen Wertzuwachs von 30% einstreicht und keine Infrastrukturkosten übernehmen muss; ein Vorteil für Einheimische, die Wohnungen drei Jahre ab Baufertigstellung zum Preis von 3.200 € / m2, Klimahouse-A-Nature-Standard beziehen können (zum Vergleich: Marktpreis Gemeinde Lajen der-zeit: 4.000 € / m2, im nahen Grödental: 8.000 – 10.000 €/ m2).

Stellung zu den Redebeiträgen nahmen Martina Toepper (Direktorin des technischen Amtes für den geförderten Wohnbau des Landes Südtirol), Heiner Schweigkofler (Vizepräsident WOBI – Institut für den sozialen Wohnbau), Leo Resch (Geschäftsführer KVW Arche) und Peter Morello (Architekt und Raumplaner).

Wie AFI-Präsident Dieter Mayr in seiner Begrüßungsrede ausführte, sei Wohnen für viele Arbeitneh-mer/Innen in Südtirol eine der schwierigsten Herausforderungen für Familien geworden:
• Wohnen ist ein großer Kostenposten und verschlingt abhängig von der wirtschaftlichen Situation 20 bis 50 % des Haushaltseinkommens. Laut AFI-Barometer liegt die Schmerzgrenze bei 30%
• Die Landesregierung arbeitet zurzeit am Wohnbauförderungsgesetz, und dazu wollen die Trägerorganisationen des Instituts Inputs und Gedanken mitgeben.
• Covid-19 hat dem Wohnen eine neue Dimension gegeben: Homeoffice und die Notwendigkeit ei-nes abgegrenzten Arbeitszimmers. Balkone und Terrassen mit Grünflachen erfahren eine Renaissance, aber auch „Hotel-Feeling in die Wohnung bringen“ steht im Trend.

Zur nachträglichen Ansicht bzw. zum Download stehen bereit:

Die Videoaufzeichnung des Webinars
https://www.youtube.com/watch?v=J3kgQVQtR8Y&feature=emb_logo

Die Referate (Slides)
https://afi-ipl.org/veranstaltungen/afi-im-dialog-neues-wohnen-webinar/#Slides

Das Programm
https://afi-ipl.org/wp-content/uploads/2020-12-17-Programm-Programma.pdf

Als „Zugabe“ zum Webinar gibt es das interessante Online-Referat von Max Rieder, Architekt und Stadt-entwickler aus Wien/Salzburg „Re-Visionen zur Stadtentwicklung: Leben am Helmut-Zilk-Park / Sonn-wendviertel ‐ Hauptbahnhof Wien”
https://www.youtube.com/watch?v=Kuk2MNbSS-s

Nähere Informationen erteilen AFI –Direktor Stefan Perini (T. 0471 41 88 30, Mob. 349 833 40 65, ste-fan.perini@afi-ipl.org) sowie die AFI-Mitarbeiterin im Bereich Events & Kommunikation Chiara Venezia (T. 0471 41 88 32, chiara.venezia@afi-ipl.org).

AFI Pressemitteilung | Wohnen

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