30. Juli 2018

Branchen-Barometer steht auf „wechselhaft“

AFI-Barometer Branchenspiegel – Sommer 2018

In den einzelnen Wirtschaftssektoren Südtirols zeigt der Sommer 2018 ein differenziertes Stimmungsbild der Arbeitnehmer auf der Barometer-Stufe „schön, aber wechselhaft“. Im 2.Quartal 2018 waren in Südtirol im Schnitt 204.428 Arbeitnehmer beschäftigt. Im 12-Monate-Vergleich gibt es Beschäftigungs-zuwächse in allen Sektoren, wobei die befristeten Jobs sehr viel stärker ansteigen (+5.564 Einheiten, +10,7%) als die unbefristeten (+1.016 Einheiten; +0,7%).

Landwirtschaft: Stimmung steigt deutlich

Mit 8.287 unselbständig Beschäftigten (Schnitt 2. Quartal 2018) ist die Landwirtschaft ein kleiner Sektor für Arbeitnehmer, der zudem von Saisonarbeit gekennzeichnet ist (69,2% der Arbeitsverträge sind befristet). Dennoch zeigt sich hier der größte Anstieg an Zuversicht. Im Vergleich zum Vorjahresquartal zeigen sechs von acht Indikatoren in dieser Branche eine bedeutende Aufhellung nach einer seit längerem verhaltenen Stimmung.

Verarbeitendes Gewerbe: Erstmals Lichtblicke

In diesem Wirtschaftsbereich arbeiten aktuell 32.921 Arbeitnehmer (16,1% der Südtiroler Arbeitnehmerschaft). In den letzten 12 Monaten sind 1.010 Personen dazugekommen (+3,2%). Der Sektor ist stark männlich dominiert (79,8% sind Männer). Standard ist das unbefristete Arbeitsverhältnis (85,0%). Die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt in den nächsten 12 Monaten sehen die Arbeitnehmer in diesem Sektor relativ konstant bis gut. Nach einem kurzzeitigen Dämpfer springt die Zuversicht, mit dem Lohn über die Runden zu kommen, wieder an, ebenso die Zuversicht, Geld auf die hohe Kante legen zu können. Dieser Stimmungsindikator erreicht sogar einen historischen Höchststand. Noch nie vorher hielten es die Arbeitnehmer im Verarbeitenden Gewerbe für so leicht, einen gleichwertigen Job zu finden.

Baugewerbe: Umfeld gut, persönliche Situation verhaltener

17.256 Arbeitnehmer bzw. 8,4% der gesamten Südtiroler Arbeitnehmerschaft beschäftigt aktuell das Baugewerbe. Zuwachs: +5,4% zum Vorjahr. Die Zuversicht der Arbeitnehmer betreffend die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt fällt in keiner anderen Branche so positiv aus wie im Baugewerbe, allerdings geben sie gleichzeitig auch die schlechtesten Einschätzungen zur persönlichen Situation ab, allem voran die Einschätzung, mit dem Lohn nicht über die Runden zu kommen. Zur Hoffnung Anlass gibt, dass mehr Bauarbeiter damit rechnen, in den nächsten 12 Monaten etwas Geld auf die hohe Kante legen zu können.

 Handel: Lohnsituation vergleichsweise angespannt

Im Handel arbeiten aktuell 28.455 Angestellte und damit 13,9% der Südtiroler Arbeitnehmer. Davon sind 79,7% fest angestellt, 5.044 (20,3%) befristet. Auch im Handel hat die Beschäftigung in den letzten 12 Monaten zugenommen (+3,1%), wobei auch hier die befristeten Arbeitsverträge schneller gewachsen sind als die Festanstellungen. Das Stimmungsbild entspricht weitgehend jenem des Baugewerbes. Die Arbeitnehmer im Handel sehen eine gute wirtschaftliche Entwicklung für Südtirol, schätzen die eigene Situation aber sehr verhalten ein. Der Indikator für die Sparmöglichkeiten der Familie verliert 3 Indexpunkte zum Vorjahresquartal und ist damit der schlechteste Wert im Sektorenvergleich.

Hotel und Gastgewerbe: Befristete ersetzen Unbefristete

Im Hotel- und Gastgewerbe arbeiten 12,9% der Südtiroler Arbeitnehmer (26.272 Personen) und ihre Zahl wächst dynamisch (+6,7% zum Vorjahresquartal). Rund zwei Drittel haben einen Vertag auf Zeit und dieser Teil wächst noch dynamischer (+11,0%). Der Trend, feste Arbeitsverhältnisse durch befristete zu ersetzen besteht schon seit geraumer Zeit und steht in der Kritik, über rein saisonale Erfordernisse hinauszugehen. Die Stimmungsindikatoren sind von den Rekordergebnissen dieser Branche geprägt. So sind die Erwartungen in Bezug auf die weiterhin positive Entwicklung der Südtiroler Wirtschaft hoch, ebenso eine bessere Aussicht auf Sparmöglichkeiten und wenig Bedenken, einen neuen und gleichwertigen Job finden zu können. Die vielen befristet Beschäftigten lassen allerdings das empfundene Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, nach oben klettern.

Öffentlicher Sektor: Job wechseln fällt schwer

Im Öffentlichen Sektor arbeiten 26,2% aller Südtiroler Arbeitnehmer (exakt 53.463; Schnitt 2. Quartal 2018). Trotz eines Zuwachses von 985 Personen (+1,9%) fällt die Beschäftigungsdynamik hier schwächer aus als in der Gesamtwirtschaft. Entgegen der landläufigen Meinung von der festen Beamtenstelle sind 22,4% der öffentlichen Stellen befristet. Die Mehrheit der Indikatoren zeigt in diesem Sektor eine sehr gedämpfte Stimmungslage an. Ins Auge sticht der Zusammenhang von Beschäftigungssicherheit und -fähigkeit. Im Branchenvergleich haben hier die Arbeitnehmer die geringste Sorge, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, sehen aber als besonders schwer, eine gleichwertige Beschäftigung zu finden.

Private Dienstleistungen: Vielleicht der prekärste Sektor der Südtiroler Wirtschaft

Auch in diesem personalstarken Sektor (18,5% der gesamten Arbeitnehmerschaft) halten Zeitverträge immer stärker Einzug. Bei den 37.775 Arbeitnehmern im Bereich Private Dienstleistungen geht die Stimmung in entgegengesetzte Richtungen. Die Arbeitnehmer sehen, dass die Wirtschaft läuft und der Südtiroler Arbeitsmarkt sehr günstig ist, aber um den eigenen Arbeitsplatz machen sie sich Sorgen – hier liegt der Stimmungsindikator 16 Punkte unter dem Allgemeinwert. Kein Wunder, denn 21,6% aller Arbeitsverhältnisse in der Dienstleistungsbranche sind befristet und im 2. Quartal 2018 haben diese nochmal im Jahresvergleich um 1.163 Einheiten auf 8.173 zugenommen. Auch in diesem Sektor bleibt die Frage offen, ob befristete Anstellungen nicht zum einfachen Mittel der Kostensenkung geworden sind.

Nähere Informationen erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T. 0471 41 88 30, stefan.perini@afi-ipl.org) und Forschungsmitarbeiter Friedl Brancalion (T. 0471 41 88 40, friedl.brancalion@afi-ipl.org).

 Hier geht’s zum AFI-Branchenspiegel Sommer 2018

Das AFI-Barometer – Herbst 2018 erscheint Ende Oktober 2018.

AFI Pressemitteilung |

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