14. November 2022

Beschäftigung steigt, aber querdurch auch die Zukunftsängste

Foto: Adobe Stock

AFI-Barometer – Branchenspiegel

Nach dem Vertrauensschub, der im Frühjahr in fast allen Wirtschaftsbereichen zu beobachten war, verschlechtern sich im dritten Quartal 2022 die Aussichten für die Südtiroler Wirtschaft in den kommenden 12 Monaten. Obwohl die Beschäftigung zunimmt, wird die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung als tendenziell negativ empfunden, und in einigen Sektoren nimmt die Unsicherheit in Bezug auf den Arbeitsplatz zu. Besonders deutlich wird dies in der Landwirtschaft, im Baugewerbe und im Gastgewerbe. „Die Beschäftigung nimmt zu, aber auch die vertragliche Instabilität nimmt zu. Im 3. Quartal 2022 waren 32 von 100 Beschäftigten mit einem befristeten bzw. saisonalen Vertrag beschäftigt. Das ist Negativrekord – und das in Zeiten, in denen alle über Arbeitskräftemangel sprechen“, unterstreicht AFI-Direktor Stefan Perini.

Drei Wochen nach der Pressekonferenz, auf der die Hauptergebnisse der Herbstausgabe des AFI-Barometers vorgestellt wurden, präsentiert das Institut nun mit dem Branchenspiegel die nach Wirtschaftsbereichen aufgeschlüsselten Daten. Aber der Reihe nach.

Die Daten der Beobachtungsstelle für den Arbeitsmarkt der Landesverwaltung zeigen einen moderaten Anstieg der lohnabhängig Beschäftigten von +2,3 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wobei die größten Zuwächse auf die befristeten Anstellungen zurückzuführen sind (+6,2 %). Insbesondere in der Landwirtschaft (+9,3 %) und im Gastgewerbe (+9,4 %) war der Anstieg der Beschäftigung stark, allerdings getrieben durch eine erhebliche Zunahme der befristeten Arbeitsverträge (+11,5 % bzw. +10,1 %). Diese Entwicklung beunruhigt offensichtlich die Arbeitnehmer in den genannten Sektoren, die sich zusammen mit den Arbeitnehmern aus dem Baugewerbe die größten Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen.

Wachsende Sorge der Arbeitnehmer in allen Sektoren

Die allgemeine Arbeitslosenzahl ist inzwischen auf den Tiefststand von vor der Krise zurückgekehrt. Lediglich das Baugewerbe und der öffentliche Sektor verzeichneten mit -1,8 % bzw. 1,6 % eine leicht negative Zahl der Erwerbstätigen. Der beträchtliche Rückgang der Zahl der Stunden in Lohnausgleich (-72,4 %) bestätigt die Rückkehr zur Normalität.

Insgesamt haben sich die Erwartungen der Arbeitnehmer betreffend die wirtschaftliche Entwicklung Südtirols in den nächsten 12 Monaten in allen Branchen verschlechtert. Eine mehrheitlich pessimistische Einschätzung der wirtschaftlichen Lage für die kommenden Monate ist insbesondere im Baugewerbe und im Verarbeitenden Gewerbe zu verzeichnen.

Die Südtiroler Arbeitnehmer berichten auch von der wachsenden Sorge, mit dem Lohn über die Runden zu kommen, und von einer deutlichen Verschlechterung ihrer Fähigkeit, Geld auf die hohe Kante zu legen. Diese Besorgnis zeigt sich auch im öffentlichen Sektor, wo die wirtschaftliche Lage normalerweise positiver eingeschätzt wird. Der Index, welche die Fähigkeit abbildet, über die Runden zu kommen, ist innerhalb von 12 Monaten um -23 Punkte (von +24 auf +1) abgerutscht. Neben dem öffentlichen Sektor hat auch das Baugewerbe erhebliche Schwierigkeiten, mit dem Haushaltsbudget auszukommen. Dort sank der Index um -18 Punkte.

Bei den privaten Dienstleistern wird die Zukunft als besonders bedrohlich empfunden, nicht so sehr wegen des Verlusts von Arbeitsplätzen, sondern wegen der allgemeinen Entwicklung. Hier wiegt die Ungewissheit die Zukunft betreffend sicherlich besonders schwer, weil neuen Verbrauchergewohnheiten Einzug finden, die vom Sparen bewegt sind, sowie wegen neuen Formen des Dienstleistungsangebots.

Weitere Informationen erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T. 0471 41 88 30 oder 349 833 40 65,stefan.perini@afi-ipl.org) oder AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi (T. 0471 41 88 40, maria-elena.iarossi@afi-ipl.org).

Das AFI-Barometer erscheint viermal im Jahr (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) und gibt das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmerschaft wieder. Die telefonisch geführte Umfrage betrifft 500 Arbeitnehmer und ist für Südtirol repräsentativ. Die Interviews der letzten Umfrage wurden zwischen 1. und 20. September durchgeführt.

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