Herbst 2015|02 – Arbeitnehmer vom Aufschwung nur gestreift

AFI Barometer | Arbeitnehmer*innen | Konjunktur | Zukunft | 22. Oktober 2015

Die Stimmung bei Südtirols Arbeitnehmern zieht an. Allerdings nur, was die Entwicklung des wirtschaftlichen Umfelds und den Arbeitsmarkt betrifft. Unverändert bleibt die Einschätzung zur persönlichen Lage: Die finanzielle Situation der Arbeitnehmer-Familien hat sich weder verbessert noch verschlechtert. Nach wie vor gibt jeder dritte Arbeitnehmer an, nur mit Schwierigkeiten über die Runden zu kommen, weil das Geld nicht bis ans Monatsende reicht.

„Südtirol Arbeitnehmer sehen, wie sich der wirtschaftliche Aufschwung festigt, noch nicht aber deren Früchte“, bringt AFI-Direktor Stefan Perini die Ergebnisse auf den Punkt.

Die wirtschaftliche Erholung in Europa schreitet voran. Die konjunkturelle Schubkraft geht weltweit aktuell von den USA aus. Demgegenüber kämpfen eine Reihe von Schwellenländern mit niedrigen Rohstoffpreisen und zunehmenden sozialen Spannungen (z.B. China). Das IMK (Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung) an der Hans Böckler Stiftung prognostiziert für 2015 folgende Wirtschaftswachstumsraten: USA +2,6%, Eurozone +1,4%, Deutschland +1,8%, Österreich +0,8% und Italien +0,4%. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben allgemein recht günstig: Die Zinssätze sind auf einem historischen Tief, die Rohstoffpreise auf niedrigstem Niveau, die Kerninflation bleibt im positiven Bereich, der Euro quotiert schwach. Doch es lauern weiterhin Gefahren: die Flüchtlingskrise, die angespannten Handelsbeziehungen mit Russland, das Risiko internationaler militärischer Konflikte, das Wiederaufflammen der Schuldenkrise. Der VW-Skandal könnte auf die Südtiroler Wirtschaft negativ abfärben. In Italien zeigen die Stimmungsindikatoren sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Verbrauchern nach oben, allerdings zieht die Realwirtschaft nur bedingt an.

Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt positiv, persönliche Situation unverändert

15 10 22 Grafik Stimmungsbild 1Das Stimmungsbild bei Südtirols Arbeitnehmern hellt sich weiter auf – allerdings nur, was die Entwicklung des wirtschaftlichen Umfelds und den Arbeitsmarkt betrifft. Besonders markant stechen die Veränderungen ins Auge, wenn man sie in den Vergleich zu einem Jahr bzw. zwei Jahren setzt. So haben sich die Erwartungen betreffend die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Südtirol deutlich aufgehellt, in ähnlichem Maß jene über die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden 12 Monaten. Das Risiko, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, wird heute geringer eingeschätzt als noch vor zwei Jahren. Ebenfalls etwas leichter würde sich heute – immer nach Ansicht der befragten Arbeitnehmer – die Suche nach einem gleichwertigen Arbeitsplatz gestalten. In der Tat haben sich 15% der befragten Südtiroler Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten mindestens einmal aktiv um eine neue Arbeitsstelle bemüht. Keine Besserung zeigen jene Indikatoren, die die persönliche Situation abbilden. Die finanzielle Lage der Arbeitnehmer-Familien ist im gesamten Untersuchungszeitraum unverändert geblieben. Nach wie vor gibt annähernd jeder dritte Südtiroler Arbeitnehmer (genaugenommen sind es 35%) an, nur mit Schwierigkeiten über die Runden zu kommen, weil das Geld nicht bis ans Monatsende reicht.

Südtirol 2015: Zufriedenstellende Zwischenbilanz

15 10 22 Graf Stimmungsbild 2 - Clima di fiducia 2Gemessen an den wirtschaftlichen Eckzahlen, die vielfach schon für die ersten neun Jahresmonate verfügbar sind, leitet sich eine zufriedenstellende Zwischenbilanz 2015 für Südtirols Wirtschaft ab: eine steigende Zahl an unselbständig Beschäftigten (+1,0%), eine rückläufige Zahl an eingetragenen Arbeitslosen (-2,1%) und eine stabile amtliche Arbeitslosenrate (4,3%). Mit einer Inflation von +0,7% ist das deflationäre Risiko gering. Die Exportwirtschaft zeigt sich äußerst dynamisch (+7,6%), wie auch der Tourismus (+3,8%) und die Kreditwirtschaft (+4,2%). „In der Tat sind der Tourismus, der Außenhandel und die Kreditwirtschaft aktuell die Zugpferde der Südtiroler Konjunktur“, interpretiert Perini die aktuelle Entwicklung. „Selbst unter vorsichtigen Annahmen deutet alles darauf hin, dass die Südtiroler Wirtschaft im Jahr 2015 ein Wirtschaftswachstum zwischen +1,0% und +1,5% erzielen wird – also in Linie mit der Entwicklung im gesamteuropäischen Raum. Für die Arbeitnehmer gut ist dies deshalb, weil sich neuer Spielraum für Lohnverhandlungen eröffnet“, schlussfolgert Perini.

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