AFI-Barometer

Hat die galoppierende Inflation die Spargewohnheiten der Arbeitnehmer/Innen in Südtirol verändert? Und wenn ja, wie? Die Winterausgabe 2022/2023 des AFI-Barometers gibt Aufschluss darüber. AFI-Direktor Stefan Perini beobachtet die Entwicklung mit Sorge: „Die Inflationsrate von nahezu 10% im Jahresschnitt hat die Südtiroler Arbeitnehmer offensichtlich dazu veranlasst, auch ihre Spargewohnheiten zu ändern. Eine Steigerung der Verbraucherpreise dieser Größenordnung wirkt sich nicht nur negativ auf die Kaufkraft der Löhne aus, sondern knabbert auch die Ersparnisse vieler Arbeitnehmerfamilie an, was sie dazu antreibt, risikoreichere Anlageformen ins Auge zu fassen.“

Sparen wird immer schwieriger und jene, die es trotzdem schaffen, entscheiden sich für kürzere und riskantere Anlageformen, um noch eine Rendite einstreichen zu können, welche die Inflation halbwegs ausgleicht. Wie jedes Jahr hat das AFI | Arbeitsförderungsinstitut auch in dieser Winterausgabe des AFI-Barometers erhoben, welche Gründe Arbeitnehmer/Innen in Südtirol zum Sparen bewegen und welche Kriterien hierbei ausschlaggebend sind.

Wofür sparen Südtirols Arbeitnehmer/Innen?

Die Südtiroler Arbeitnehmer/Innen geben an, in erster Linie für ihre Kinder zu sparen (54% geben dies als einen von zwei Hauptgründen fürs Sparen an) und gleichermaßen für unvorhergesehene Ereignisse (54%). Es folgen das Sparen fürs Eigenheim (50%) und fürs Altern (42%). Vergleicht man diese Zahlen mit den Erhebungen vor der Pandemie, bleibt das Sparen für „unvorhergesehene Ereignisse“ ein entscheidender Faktor – doch gegenüber seinem Höchststand im Jahr 2020 nimmt er ab. Das „Sparen für die Kinder“, das historisch gesehen immer unangefochten an erster Stelle stand, verliert an Zuspruch. Im Jahr 2022 wächst das Sparen für den Kauf eines Eigenhauses auf Kosten der Alternsvorsorge. Die Gründe fürs Sparen nehmen im Lebensverlauf einen deutlich anderen Stellenwert ein: Wenn Befragte unter 30 Geld auf die Seite legen, dann für Kinder oder für ein Eigenheim. Die Menschen mittleren Alters und die über 50-jährigen sparen hingegen mehr für unvorhergesehene Ereignisse (57 % bzw. 66 %). Die Kategorie „Über 50“ spart vorwiegend fürs Altern.

Nur wenige gehen davon aus, in den nächsten 12 Monaten Geld auf die hohe Kante zu legen

Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenshaltungskosten ist die Sparquote der Familien unter Druck geraten. Die Erwartungen der befragten Arbeitnehmer/Innen betreffen die Sparmöglichkeiten ihrer Familie sind ausgesprochen vorsichtig: Nur 4% der interviewten Personen sind davon überzeugt, dass sie in den nächsten 12 Monaten „sicherlich“ sparen können, 36% antworten mit „eher schon“, 49% mit „eher nicht“, während sich 11% sicher sind, dass sie dies nicht schaffen werden. „Daraus schließen wir, dass 6 von 10 Arbeitnehmern/Innen davon ausgehen, in den nächsten 12 Monaten wahrscheinlich kein Geld auf die hohe Kante legen zu können“, gibt Maria Elena Iarossi, die im Institut das AFI-Barometer betreut, zu bedenken.

Bei genauerer Betrachtung zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten sowie zwischen den Altersgruppen. 71% der Teilzeitbeschäftigten beklagen, dass sie nicht sparen können, gegenüber 59% der Vollzeitbeschäftigten. Die über 50-Jährigen sind am zuversichtlichsten, was ihre Sparfähigkeit angeht: 48% sind sich sicher (4%) oder fast sicher (44%), dass sie in der Lage sein werden, Ersparnisse zurückzulegen.

Größere Risikobereitschaft in der Hoffnung, eine höhere Rendite zu erzielen

Laut ISTAT wird die „Sparneigung der italienischen Familien auf 7,1 % geschätzt, was einem Rückgang um 1,9 Punkte gegenüber dem Vorquartal entspricht“. Somit ist diese „auf einem niedrigeren Niveau als in der Zeit vor Corona gesunken“. In diesem Umfeld setzen auch die Südtiroler Arbeitnehmer/Innen vermehrt auf kurzfristige Lösungen, um Ihr Erspartes bestmöglich anzulegen, wobei die Präferenz für die leichte Liquidierbarkeit tendenziell zunimmt. Stärker als früher fasst man kurzfristige Anlageformen ins Auge, um eventuelle Ausgaben bestreiten zu können, die durch Kontokorrentguthaben bzw. aufgrund der sinkenden Reallöhne nicht gestemmt werden könnten. So nimmt selbst die Risikobereitschaft leicht zu. Bekanntlich sind die risikoreichsten Anlagen auch diejenigen, die bei günstigem Ausgang die höchsten Erträge abwerfen. Maria Elena Iarossi bringt dies auf den Punkt: „Pandemie, Energiekrise, galoppierende Inflation und steigende Zinssätze haben deutlich Spuren im Sparverhalten der Südtiroler hinterlassen.“

 

Zur Pressemitteilung

Grafik 1

Grafik 2

 

Das AFI-Barometer erscheint viermal im Jahr (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) und gibt das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmerschaft wieder. Die telefonisch geführte Umfrage betrifft 500 Arbeitnehmer/Innen und ist für Südtirol repräsentativ. Die Interviews der aktuellen Ausgabe des AFI-Barometers wurden im Zeitraum vom 1. bis zum 20. Dezember 2022 geführt.

Nähere Informationen erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T. 0471 41 88 30, M. 349 833 4065, ) und AFI-Forscher Matteo Antulov (T. 0471 41 88 3, ).

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