Themenblock Branchenspiegel Stimmungsbild Sonderthema

Vier von fünf Arbeitnehmern haben in den letzten 12 Monaten mindestens an einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen. Das geht aus dem Themenblock im AFI-Barometer – Herbst 2017 hervor, der in diesen Tagen vom Institut ausgearbeitet wurde. Berufliche Weiterbildung kann auf die verschiedensten Arten und Weisen stattfinden – durch Teilnahme an Kursen, Tagungen, Seminaren, aber auch innerhalb des Betriebes, wenn der Chef anlernt oder Knowhow zwischen Kollegen ausgetauscht wird.

Transversale Weiterbildungswünsche

In einer schnelllebigen Wirtschaftswelt ändern sich auch die Berufe – es entstehen neue, andere verschwinden, wieder andere erfahren eine Zuspitzung der Fertigkeiten. Somit genügt es nicht mehr, sich allein in dem Job fortzubilden, den man gerade ausübt. Dessen sind sich die Südtiroler Arbeitnehmern durchaus bewusst – und das beweisen die Nennungen, die stark auf sogenannte „transversale Kompetenzen“ hindeuten. Der Wunsch nach Weiterbildung in Fremdsprachen (von 28% aller Arbeitnehmer angeführt), die Schärfung von persönlichen und organisatorischen Kompetenzen (20%) sowie Informatik (20%) ist sektorenübergreifend stark ausgeprägt. Besonders hoch ist der Beteiligungsgrad an beruflicher Weiterbildung im öffentlichen Sektor und bei den privaten Dienstleistungen. Wenig erstaunlich werden gerade jüngere Beschäftigte in der Weiterbildung gepusht.

Die Problemfelder

Der Umstand, dass Südtirol zumindest im nationalen Vergleich in der beruflichen Weiterbildung recht gut dasteht, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Problemfelder gibt. Eines davon ist, dass der Zugang zur beruflichen Weiterbildung nicht allen Kategorien in gleichem Maß offensteht. Zwar geben nur knapp 21% der Arbeitnehmer in Südtirol an, in den letzten 12 Monaten keine berufliche Weiterbildung genossen zu haben, doch der Anteil steigt auf 31% im Hotel und Gastbewerbe, auf 32% im Verarbeitenden Gewerbe, auf 34% in Baugewerbe und Handel. Von beruflicher Weiterbildung ausgeschlossen sind in höherem Maße Teilzeitkräfte (28%) als Vollzeitkräfte (18%), mehr Angestellte in der Privatwirtschaft (25%) als im Öffentlichen Dienst (10%).

AFI-Barometer nun auch mit Branchenspiegel

Nach 18 Ausgaben des AFI-Barometers sind die Zeitreihen nun ausreichend lang, um neben dem Gesamtbild auch die Stimmungsbilder aus den einzelnen Wirtschaftssektoren zu präsentieren. Der sogenannte Branchenspiegel zeigt die Stimmungslage von Arbeitnehmern aus Landwirtschaft, Verarbeitendem Gewerbe, Baugewerbe, Handel, Hotels und Restaurants, Öffentlichem Sektor und Privaten Dienstleistungen. Ganz allgemein hat sich in der Langzeitbetrachtung die Stimmungslage querdurch verbessert. Trotzdem hat jeder Sektor seine Eigendynamik wie auch Auffälligkeiten.

Von Arbeitnehmern in der Landwirtschaft kommt am wenigsten Lamento, mit dem Lohn nicht über die Runden zu kommen. Das Verarbeitende Gewerbe zeichnet sich als der Sektor mit den geringsten Stimmungsschwankungen aus. Das Baugewerbe entwickelt sich in nur vier Jahren vom Sorgenkind zu einem der optimistischsten Branchen der Südtiroler Wirtschaft. Arbeitnehmer im Handel erwarten eine leichte Aufhellung der finanziellen Situation ihrer eigenen Familie. Im Hotel und Gastgewerbe ist die Suche nach einem gleichwertigen Arbeitsplatz derzeit so leicht wie noch nie. Im Öffentlichen Sektor trifft hohe Jobsicherheit auf geringe alternative Jobchancen der Bediensteten. Die Privaten Dienstleistungen sind Optimisten, was die Entwicklung in Südtirol angelangt, aber Pessimisten hinsichtlich der eigenen Situation.



Stimmungsindikatoren auf hohem Niveau stabil

Das Stimmungsbild bei den Südtiroler Arbeitnehmern zeigt sich stabil mit positivem Touch. Im Vergleich zum Vorjahresquartal klettern zwei Indikatoren deutlich nach oben, weitere fünf bleiben konstant. Bessere Einschätzungen gibt es mit Blick auf die erwartete Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Südtirol und das wahrgenommene Risiko, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren. Erweitert man den Beobachtungszeitraum auf drei Jahre, so haben sich sogar fünf von sieben Indikatoren signifikant verbessert.

Wachstumsprognose für Südtiroler Wirtschaft: +2,0% im Jahr 2017, +1,5% im Jahr 2018

Das Herbst-Barometer ist immer auch die Gelegenheit, eine erste Bilanz über das laufende Jahr zu ziehen. Im 1. Halbjahr 2017 hat die Südtirol Wirtschaft dank der günstigen internationalen Konjunktur stärker angezogen als erwartet. Die Zahl der unselbständig Beschäftigten ist deutlich angestiegen (+3,4%), die Arbeitslosenrate hat sich mittlerweile auf 3,5% zurückgebildet. Eine hohe Dynamik zeigen Exporte (+7,4%) und Importe (+9,3%). Der Zuwachs an touristischen Nächtigungen lag in den ersten acht Jahresmonaten bei +2,9%. Die Gesamtschau der Entwicklungen veranlassen das Arbeitsförderungsinstitut – so wie im letzten AFI-Barometer bereits angekündigt – die Wachstumsprognose für das laufende Jahr anzuheben, und zwar auf +2,0%. In den Folgemonaten dürften die konjunkturellen Wachstumskräfte etwas nachgeben und sich von Europa auf die USA verlagern. Für 2018 rechnet das AFI mit einem Wachstum für die Südtiroler Wirtschaft von +1,5%.


Stimmungsbild Herbst 2017 (Prezi) >>

Strom, den Konzessionäre großer Wasserableitungen dem Land entweder abtreten oder vergelten müssen, kann mit Jahresbeginn 2018 kostenlos an bestimmte Verbrauchergruppen weitergegeben werden. Ein Vorhaben, das zwar die relative Mehrheit, aber lange nicht alle Arbeitnehmer in Südtirol überzeugt. Das aktuelle AFI-Barometer zeigt: 50% der Befragten meinen, das Land sollte seinen Stromanteil einfordern und gratis weitergeben, 41% befürworten die Abgeltung zugunsten des Landeshaushaltes wie bisher, 9% haben keine Präferenz.  „Auffallend schwach ist der Informationsstand der Arbeitnehmer, denn 46% haben noch nie vom Gratisstrom gehört“, stellt AFI-Direktor Stefan Perini fest.

In der aktuellen Ausgabe des AFI-Barometers geht das Arbeitsförderungsinstitut der Frage nach, was Südtirols Arbeitnehmer vom „Gratisstrom“ halten. Lediglich 54% der Südtiroler Arbeitnehmerschaft hat vom Vorhaben der Landesregierung gehört, anstelle der Abgeltung, die das Land von den Konzessionären der großer Wasserableitungen erhält, künftig seinen Stromanteil einzufordern und diesen gratis verteilen zu wollen.

Leichte Präferenz für Gratisstrom

“Die Idee von Gratisstrom gefällt den Arbeitnehmern, aber es wäre falsch, von einem eindeutigen Ergebnis zu sprechen”, schickt AFI-Forscher Friedl Brancalion voraus. Konkret ist exakt die Hälfte der Antwortenden der Meinung, dass das Land am Vorhaben „Gratisstrom“ festhalten sollte, gegenüber 41%, die sich für die Fortführung der finanziellen Abgeltung aussprechen. 9% der Arbeitnehmer sehen keinen Unterschied in den beiden Varianten.

Bürger sollen profitieren

Was die Festlegung der Verbrauchergruppen anbelangt, die vom Gratisstrom profitieren sollen, haben die Arbeitnehmer schon wesentlich klarere Vorstellungen. Die Idee, dass „alle Südtiroler Einwohner gleichermaßen“ profitieren sollten, gefällt 48% der Befragten. Hohen Zuspruch erfährt die Option, dass der Gratisstrom ausschließlich den „unteren Einkommensklassen“ zugutekommen soll (44%). Deutlich weniger Konsens finden die anderen Varianten, wie die öffentlichen Einrichtungen (25%), die Rentner (20%) oder gemeinnützige Vereine und Genossenschaften ohne Gewinnabsicht (19%).

Elemente der Skepsis: der Umweltaspekt, der Bilanzausgleich, die Bürokratie

Von den Argumenten, die häufig gegen den Gratisstrom ins Feld geführt werden, findet der ökologische Aspekt den stärksten Zuspruch (63%). Für die Befragten im AFI-Barometer ist es nachvollziehbar, dass der Gratisstrom nicht gerade zum Stromsparen erzieht. 61% der Arbeitnehmer finden, dass das Geld der Konzessionäre als Teil des Landeshaushalts vielseitiger einsetzbar sei als Gratisstrom. Andere wiederum befürchten, dass das Gratisstrom-Loch im Landeshaushalt mit anderen Steuereinnahmen aufgefüllt werden müsste (54%) oder dass der bürokratische Mehraufwand den Nutzen von Gratisstrom übersteigt (48%).

„Interessant festzustellen ist, dass es in all diesen Fragestellungen keine signifikanten Abweichungen hinsichtlich informierter oder uninformierter Befragter gibt, wohl aber hinsichtlich ihrer Sprachzugehörigkeit“, hat AFI-Praktikantin Anna Tagliabue bei diesem AFI-Barometer beobachtet. In den auf Italienisch geführten Interviews geben 70% der Befragten an, vom Gratisstrom des Landes nicht gehört zu haben – in den auf Deutsch geführten sind es nur 42%.

Die Überlegungen des AFI

Die Verteilung von Gratisstrom kann nicht pauschal gutgeheißen werden. Zuvor muss die technische und die gesetzliche Machbarkeit geprüft und der bürokratische Aufwand absolut in Grenzen gehalten werden. Zu beachten sind die Wettbewerbsregeln der EU und jene der italienischen Aufsichtsbehörde, weiters die Modalitäten und die Unentgeltlichkeit der Verteilung (das Gesetz spricht von Tarifen) und nicht zuletzt Aspekte der sozialen Gerechtigkeit. Wichtig ist zu definieren, wer in den Genuss von Gratisstrom kommen soll. Hier favorisiert das AFI die Variante, dass die Begünstigungen den unteren Einkommen zugutekommen. Diese Maßnahme würde nicht nur die wirtschaftliche Ungleichheit und die relative Armut in Südtirol eindämmen helfen, sondern sie wäre auch relativ leicht umsetzbar, vorausgesetzt sie baut auf bestehende Transferleistungen auf, die schon durch die EEVE (Einheitliche Einkommens- und Vermögenserklärung) gesteuert werden. Eine weitere Anmerkung: Es liegt auf der Hand, dass diese Operation nur dann einen Transfereffekt erzeugt, wenn der Gratisstrom zusätzlich, und nicht als Ersatz anderer Wohlfahrtsleistungen wie finanzielle Sozialhilfe, Familiengeld oder Mietbeitrag wirken kann.

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