14 Gennaio 2018

Es lebe die Vollbeschäftigung!

Stefan Perini ("Wirtschaft Quer")

Früher jammerten Arbeitgeber über mangelnde Aufträge, heute über fehlende Fachkräfte. Doch was tun sie dagegen?

Die Medienberichte der letzten Tage zeigen es: Der Fachkräftemangel hat Südtirol fest im Griff. Die Auftragsbücher sind wieder voll. Südtirols Wirtschaftsmotor läuft quer durch alle Sektoren auf hohen Touren. Und der Arbeitsmarkt schießt, bildlich gesprochen, durch die Decke.

Weit entfernt scheinen die Zeiten der Krise. Dabei ist es nicht allzu lange her, da sprachen Unternehmer noch von leeren Auftragsbüchern, Personalreduzierungen und Schwierigkeiten im Inkasso von Kundenforderungen. Parallel herrschte bei den Arbeitnehmern die Sorge um den Verlust des eigenen Arbeitsplatzes. Bevor man Forderungen stellte, überlegte man es sich gerne zweimal.

Heute sind die Sorgen andere. Sagen wir ruhig, zum Glück sind sie es! Arbeitgeber suchen händeringend nach gutem Fachpersonal und werben sich untereinander die besten Arbeitskräfte ab. Die SWZ berichtet von Fällen, wo Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Prämien in Aussicht stellen, wenn sie es schaffen, der Konkurrenz gute Fachkräfte abzuwerben. Schon lange nicht mehr hatten die Arbeitnehmer eine so starke Verhandlungsposition dem Arbeitgeber gegenüber wie jetzt. Es liegt in der Natur der Sache, dass diejenige Verhandlungspartei am längeren Hebel sitzt, die gerade als knappe Ressource wahrgenommen wird – momentan sind es die Arbeitnehmer.

Aber die Diskussion, die derzeit geführt wird, droht ins Leere zu laufen. Das Werben der Arbeitgeber um gute Fachkräfte ist verständlich, doch die Situation wird so bleiben, wenn dem Jammern nicht die Bereitschaft folgt, etwas grundlegend zu ändern.

„Lieber Vollbeschäftigung und Fachkräftemangel als leere Auftragsbücher und Arbeitslosigkeit.“

Der aktuelle Fachkräftemangel ist mitbestimmt vom so genannten „brain drain“, von der Flucht der klugen Köpfe, die Südtirol aus Mangel an guten Arbeitsperspektiven verlassen. Wie holen wir diese zurück? Wie bewerben wir gezielt ausländische Fachkräfte, die sich kulturell gut in Südtirol einfügen? Inwiefern sind Arbeitgeber bereit, den Bewerbern bei flexiblen Arbeitszeiten, bei Vereinbarkeit von Beruf und Leben, bei vertraglichen Bedingungen und Lohnvorstellungen entgegenzukommen?

Der Arbeitgeber, der behauptet, es sei schlichtweg unmöglich, heute Fachkräfte zu finden, macht es sich zu leicht. Wer sucht, der findet. Südtirol hat 200.000 Arbeitnehmer. Sie alle sind mobil, sie alle suchen nach der besten Alternative.

Prima pubblicato in “Die Neue Südtiroler Tageszeitung”, edizione del 13 gennaio 2018

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