28. Januar 2016

Arbeitnehmer: 5 von 7 Stimmungsindikatoren zeigen nach oben

In Südtirol tritt die Sonne zum Vorschein, doch auf internationaler Ebene ziehen Gewitterwolken auf: dies ist das Bild, das sich aus dem aktuellen AFI-Barometer ableitet. „Im Jahresvergleich hat sich keiner der sieben Stimmungsindikatoren verschlechtert“, stellt AFI-Direktor Stefan Perini fest. „Fünf haben sich aufgehellt, bei zwei konnten wir keine signifikante Veränderung erkennen.“ Die Überraschung: Erstmals hellen sich die Erwartungen betreffend die finanzielle Situation der Arbeitnehmerfamilien auf. In der Wachstumsprognose für 2016 bleibt das AFI vorsichtig: +1,0%.

Zwar sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen alles andere als schlecht: Niedrigzinsen, geringe Inflation, schwacher Euro, Rohstoffpreise im Keller. Doch der wirtschaftliche Aufschwung in Europa ist zunehmend durch geopolitische Spannungen (Terroranschläge, Flüchtlingskrise) und wiederaufflammende Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten gefährdet. Das IFO-Institut München prognostiziert in seinem aktuellen Bericht für 2016 folgende Wirtschaftswachstumsraten: USA +2,5%, Eurozone +1,7%, Deutschland +1,9%, Österreich +1,6% und Italien +1,1%. In Italien ist die Stimmung bei den Verbrauchern und Unternehmen so gut wie lange nicht mehr. Dennoch startet die Realwirtschaft noch nicht richtig durch.

Graf 1 DEUSüdtirols Arbeitnehmer: Ende der Durststrecke in Sicht

Das Stimmungsbild bei Südtirols Arbeitnehmern hellt sich weiter auf. Im 12-Monats-Vergleich zeigen fünf von sieben Indikatoren nach oben. Nicht bewegt haben sich jene Indikatoren, die die aktuelle Situation abbilden. So gibt nach wie vor annähernd jeder dritte Südtiroler Arbeitnehmer (genaugenommen sind es 35%) an, nur mit Schwierigkeiten über die Runden zu kommen, weil das Geld nicht bis ans Monatsende reicht. Auch das aktuelle Risiko des Arbeitsplatzverlustes (7% empfinden dieses als gegeben) bleibt auf unverändertem Niveau. In die positive Richtung zeigen hingegen die vorausschauenden Indikatoren: die erwartete Entwicklung der Wirtschaft, der Arbeitslosigkeit, der finanziellen Situation der Familie, der Sparmöglichkeiten, der potentiellen Suche eines gleichwertigen Arbeitsplatzes. In der Tat ist gerade die Entwicklung der drei letztgenannten Indikatoren die wahre Neuigkeit in diesem AFI-Barometer. „Über einen längeren Zeitraum hatten sich stets nur die Indikatoren aufgehellt, die das wirtschaftliche Umfeld abbilden. Zum ersten Mal ziehen alle drei Frühindikatoren nach, die auf eine Verbesserung der Lage für die Arbeitnehmer schließen lassen“, stellt Perini fest.

Südtirol 2015: Mehr als zufriedenstellende vorläufige Endbilanz

Auf Grundlage der wirtschaftlichen Eckdaten, die für einen großen Teil schon über alle 12 Jahresmonate verfügbar sind, leitet sich für Südtirols Wirtschaft eine mehr als zufriedenstellende provisorische Endbilanz 2015 ab: eine steigende Zahl an unselbständig Beschäftigten (+1,3%), eine rückläufige Zahl an eingetragenen Arbeitslosen (-4,5%) und eine amtliche Arbeitslosenrate (3,9%) unter dem natürlichem Niveau. Die Inflation bleibt gering (+0,6% im Jahresschnitt). Die Exportwirtschaft zeigt sich äußerst dynamisch (+7,6%), ebenso der Tourismus (+3,7%) und die Kreditwirtschaft (+1,1%). „2015 waren der Tourismus, der Außenhandel und die Kreditwirtschaft zweifelsfrei wichtige Stützen der Südtiroler Konjunktur“, schlussfolgert Perini. „Sehr wahrscheinlich konnte Südtirol im Jahr 2015 ein Wirtschaftswachstum von +1,5% erzielen – also am oberen Rand unserer Prognose.“ Für 2016 gibt sich das AFI vorsichtiger: +1,0%.

Graf 2 DEUWohin mit dem Ersparten?

Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, wie die in Schieflage geratenen vier mittelitalienischen Banken, die Einführung der Bail-in-Klausel sowie sogar Negativzinsen für Staatsanleihen haben die Sparer verunsichert. „Die Wertbeständigkeit ist das wichtigste Kriterium, das die Arbeitnehmer zugrunde legen, wenn sie ihr Erspartes investieren“, bestätigt Irene Conte, die im Institut das AFI-Barometer betreut. 76% geben die Sicherheit, das investierte Kapital nicht zu verlieren, als das rangwichtigste Kriterium bei der Wahl der Anlageform an. Es folgt die Liquidität, also die unmittelbare Verfügbarkeit des Ersparten, wenn es die Notwendigkeit erfordert (von 61% der Südtiroler Arbeitnehmern angegeben). Der Hauptgrund fürs Sparen sind die Kinder (68% der Befragten). 51% sparen, um sich vor unvorhergesehenen Ereignissen zu wappnen. Das Sparen fürs Eigenheim wird von 44% als Grund angegeben, die Vorsorge fürs Alter von 37%. Die Prioritäten ändern sich im Lebensverlauf, zum Beispiel sparen die Jungen vorwiegend fürs Eigenheim. Dieses stellt für die Südtiroler nach wie vor einen hohen sozialen Wert dar. Danach gefragt, sehen es die Arbeitnehmer als eine Investition in die eigene Zukunft bzw. eine Sicherheit für die Familie. Wieder aktuell sei heute der Schutz der Sparer, erläutert Conte. Dieser wirke auf zwei Ebenen. „Zum einen durch die Überwachung und Regelung der Banken, zum anderen durch solides Grundlagenwissen der Sparer in finanziellen Angelegenheiten.“

Das AFI-Barometer erscheint viermal im Jahr (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) und wiedergibt das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmerschaft. Die telefonisch geführte Umfrage betrifft 500 Arbeitnehmer und ist für Südtirol repräsentativ. Die nächsten Umfrageergebnisse werden Mitte April 2016 vorgestellt. Nähere Informationen bei AFI-Forscherin Irene Conte (T 0471 41 88 42, irene.conte@afi-ipl.org) oder AFI-Direktor Stefan Perini (T 0471 41 88 30, stefan.perini@afi-ipl.org).

Stellungnahme von AFI-Präsident Toni Serafini

„Es ist wichtig, dass die Mühen der Arbeit nicht durch Turbulenzen an den Finanzmärkten weggefegt werden. Der Staat muss die Spartätigkeit fördern und schützen, wie von Art. 47 der Italienischen Verfassung vorgegeben.“

Stellungnahme von Landesrätin Martha Stocker

„Die vom AFI | Arbeitsförderungsinstitut bereits zur Jahresmitte 2015 erkannte Trendwende hat sich in der zweiten Jahreshälfte tatsächlich fortgesetzt“, zeigt sich Landesrätin Martha Stocker erfreut. „Der vor etwas mehr als einem Monat vorgestellte aktuelle Landesarbeitsmarktbericht zeigt einen Anstieg der Beschäftigung und einen Rückgang der Arbeitslosenzahl in Südtirol auf“, erinnert die Landesrätin. „Es ist gut, wenn dabei die Stimmung unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weiter anzieht: Wirtschaft ist zu 50 Prozent immer auch Psychologie“, so Stocker. Diesen Schwung der Trendwende auf dem Arbeitsmarkt gelte es nun ins Neue Jahr mitzunehmen.

AFI Pressemitteilung |

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