Befristung + Teilzeit = Zeitbombe
EWCS Südtirol
Befristete Arbeitsverträge bringen Nachteile, je länger diese währen – insbesondere in Verbindung mit Teilzeitarbeit. Das könnte gerade für die vielen weiblichen Teilzeitbeschäftigten eine Zeitbombe sein, warnt das AFI | Arbeitsförderungsinstitut. Die jüngste Auswertung der EWCS-Umfrage zu den Arbeitsbedingungen in Südtirol bietet aber auch Lichtblicke: Die Qualität der Arbeitsbedingungen von befristeten bzw. in Teilzeit Beschäftigten ist in Südtirol vielfach gleich gut wie die der fest bzw. in Vollzeit Beschäftigten. AFI-Direktor Stefan Perini: „Das Problem sind die negativen Langzeitfolgen“.
Der Blick des AFI geht diesmal auf die atypische Beschäftigung in Südtirol, genauer auf die Qualität der Arbeitsbedingungen von befristet Beschäftigten und Teilzeitarbeitenden. „Vor allem aber wollen wir die gesellschaftliche Dimension erläutern und vor gefährlichen Entwicklungen warnen“, so AFI-Präsidentin Christine Pichler.
Dass die Qualität der Arbeitsbedingungen von befristeten oder teilzeitbeschäftigten Personen in Südtirol in vielerlei Hinsicht der von vollzeiterwerbstätigen Fixangestellten entspricht, zeigt AFI-Forscher Tobias Hölbling in seiner aktuellen Auswertung der EWCS-Umfrage zu den Arbeitsbedingungen in Südtirol auf.
Allerdings haben befristete Arbeitsverhältnisse tatsächlich eine geringere Qualität der Arbeitsbedingungen zur Folge, wenn sie in Kombination mit Teilzeitarbeit über längere Perioden laufen. Auf dem Karriereindex haben unbefristet Vollzeitbeschäftigte mit 67 Punkten die besten Aussichten, befristet Teilzeitbeschäftigte mit 52 Punkten hingegen die schlechtesten“, so Hölbling. In Südtirol arbeiten Frauen viermal öfter in befristeter Teilzeit als Männer, heißt es im AFI-Zoom.
„Wir freuen uns über die relativ hohe Arbeitsplatzqualität in Südtirol. Was uns Sorgen bereitet, sind mehr die Langzeitfolgen der befristeten Beschäftigung“, betont AFI-Direktor Stefan Perini. Wissenschaftliche Studien belegten eine erschwerte Lebensplanung – „Denken wir nur an den Zugang zum Kredit für den Erwerb des Eigenheims“, so Perini. An Befristungen würden Partnerschaften aufgrund häufiger Arbeits- und Ortswechsel leiden: „Belegt ist, dass befristet Beschäftigte im Schnitt weniger Kinder bekommen als unbefristete“, so das AFI. Längere Phasen von Nicht-Erwerbstätigkeit wirkten sich negativ auf die Rentenposition aus, Ähnliches gelte für die Teilzeitarbeit. Diese „Frauendomäne“ sei ein Mitfaktor für die weibliche Altersarmut, resümiert der AFI-Direktor.
Stellungnahme von AFI-Präsidentin Christine Pichler
„Auch in Südtirol dehnt sich das Prekariat aus wie ein Ölteppich. Wir Gewerkschaft sehen diese Entwicklung sehr kritisch, vor allem mit Blick auf die Folgen für die Gesellschaft auf lange Sicht: brüchige Erwerbsbiografien, erschwerte Lebens- und Familienplanung, erschwerter Zugang zum Wohnbaudarlehen. Vor allem in Kombination mit Teilzeitarbeit führt die Befristung über lange Zeit direkt in die Altersarmut. Beides trifft vor allem auf Frauen zu. Dieser Trend muss gestoppt werden! Handeln ist angesagt.“
Stellungnahme von Landesrat Philipp Achammer
„Die vorliegende Studie des AFI zeigt auf, dass die Arbeitsbedingungen von befristet oder Teilzeit arbeitenden Beschäftigten in Südtirol vielfach nicht schlechter sind als jene von Festangestellten in Vollzeit: Das ist erfreulich und zeigt, dass die öffentlichen Betriebe und die privaten Unternehmen in unserem Land eine ausgesprochene Mitarbeiterkultur besitzen.“
Nähere Informationen erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T. 0471 41 88 30, stefan.perini@afi-ipl.org) und AFI-Forschungsmitarbeiter Tobias Hölbling (T. 0471 41 88 43, tobias.hoelbling@afi-ipl.org).
AFI Pressemitteilung |