05. November 2017

Faktor gesunde Umwelt

Stefan Perini ("Wirtschaft Quer")

Die Umwelt ist Südtirols Kapital. Tun wir genug dafür? Oder sollten wir vielleicht einfach etwas weniger „tun“?

Südtirol hat es also wieder geschafft. Im eben veröffentlichten Bericht „Ecosistema Urbano 2017“ von Legambiente kommt die Provinz Bozen einmal mehr aufs Podest. Im Ranking der italienischen Provinzen reiht sich Bozen auf Platz 3 der umweltfreundlichsten Provinzhauptstädte Italiens, gleich hinter Modena und Trient. Besonders positiv zeigt sich die Bilanz in Südtirol in Sachen Fahrradwege, gefahrene Kilometer, Mülltrennung und Feinstaubbelastung. Viele der Bozner Werte stechen allerdings nur im italienischen Vergleich positiv hervor und nicht im europäischen. Das ist eben der Trick mit den gesamtstaatlichen Statistiken: Sehr oft lässt sich Südtirol auf diese Weise besonders positiv darstellen. Was nicht heißen will, dass der Umweltschutz in Südtirol nicht stärker ausgeprägt ist als im Süden Europas.

Ob das Ranking von Legambiente mit der Wahrnehmung in Südtirol übereinstimmt, darüber herrschen berechtigte Zweifel. Alles paletti? Wohl eher Fehlanzeige. Steigende Verkehrsbelastungen auf der A22, auf den Schnell- und Staatsstraßen, Staus, die Ankündigung alternierender Fahrverbote für Bozen – um nur beim Verkehr zu bleiben. Weiter: Eine Pestizide-Debatte, die erst in den Anfängen steht, Angst vor einer exzessiven Lockerung der Raumordnung, die jüngste Diskussion zur Tourismus-Obergrenze. Es wäre unrecht zu behaupten, die Landesregierung täte nichts: Man setzt auf Elektromobilität, kauft Wasserstoff-Busse, baut den öffentlichen Verkehr aus, testet eine Pass-Maut, unterstützt Car Sharing.

„Die Frage ist, ob die heutigen Bemühungen ausreichen, um Südtirol auf den Pfad der Nachhaltigkeit zu bringen.“

Die Verkehrs- und Lärmbelastung ist von den Leuten besonders gefühlt, zumal die gesundheitlichen Beeinträchtigungen mittlerweile einschlägig belegt sind. Der Eindruck verhärtet sich, dass eine gesunde Umwelt für die Mitbürger ein stärkerer Faktor ist, als dies heute noch viele wahrhaben wollen. Aktuell ordnet die EU den Umwelt- und Gesundheitsschutz noch der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit unter. Auch das kann sich mittelfristig ändern.

Erstmals erschienen in „Die Neue Südtiroler Tageszeitung“ vom 4. November 2017

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