07. Juni 2016

Helden mit der leeren Tasche

Südtirol ist stolz auf seine duale Ausbildung. Das System bringt gut ausgebildete Fachkräfte hervor. Nicht umsonst schneiden Südtiroler Lehrlinge bei den Berufsweltmeisterschaften immer wieder hervorragend ab und werden wie Helden gefeiert. Der Lehrlingspakt von 2015 wollte die Lehrstellen vermehren, indem noch mehr Betriebe ausbilden und noch mehr Jugendliche diesen Weg ins Berufsleben wählen. Dagegen fordert die Unternehmerseite immer wieder eine spürbare Senkung der Lehrlingslöhne. AFI-Direktor Stefan Perini kritisiert diesen Standpunkt scharf: „In Helden investieren hat noch keinen Betrieb in den Ruin getrieben“.

Dass die „Duale Ausbildung“ aufgeht, liegt daran, dass sie für beide Seiten gut funktioniert: Unternehmen finden über sie leistungsfähige und bedarfsgerecht ausgebildete Arbeitskräfte, Lehrlinge profitieren von früher Praxiserfahrung und guten Lehrbedingungen. Neben der Wissensvermittlung und den besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch die Lehre in einem angesehenen Unternehmen gehört zum System der dualen Ausbildung auch eine faire Entlohnung: Eigenes Geld verdienen trägt massiv zur Attraktivität der Lehre bei, gerade als Alternative zum Studium. Eine angemessene Entlohnung ist auch notwendig, damit Unternehmen Bewerbungen von leistungsorientierten und qualifizierten Anwärtern bekommen. Studien zeigen, dass sich Lehrlinge für einen Betrieb finanziell bereits nach ca. 6 Monaten lohnen, gar nicht zu sprechen von anderen Vorteilen. So geht der „Deal“ für beide Seiten auf: Unternehmen finden attraktive Bewerber, junge Menschen einen attraktiven Weg in den Berufseinstieg.

In der öffentlichen Diskussion zur Förderung der Lehre im Rahmen des Lehrlingspaktes wurde in letzter Zeit vor allem von Unternehmerseite immer wieder die Forderung laut, die Lehrlingslöhne zu senken. Damit, so das Argument, würde die Lehrlingsausbildung für Unternehmen attraktiver und die Ausbildungsplätze mehr.

Genau das Gegenteil ist der Fall: „In Wirklichkeit würde man mit einem solchen Schritt allen Beteiligten einen Bärendienst erweisen: Betriebe würden zwar ein paar Euro pro Monat einsparen, bekämen dafür aber wesentlich weniger geeignete Kandidaten und Mitarbeiter“, schlussfolgert Perini. Heutige und zukünftige Lehrlinge würde das gewaltig abschrecken:  weniger Lohn bedeuten weniger Wertschätzung und eine faktische Abwertung ihrer Arbeit im Betrieb. Dass die Löhne in den meisten Lehrberufen ohnehin deutlich zu niedrig sind, um ein unabhängiges Leben zu ermöglichen, verdeutlicht die nachfolgende Übersicht, die das AFI | Arbeitsförderungsinstitut aus aktuellem Anlass erstellt hat. Morgen wird dazu ein ausführliches AFI-Zoom erscheinen.

Lehrlingslöhne

Siehe AFI Zoom 08 | 2016 „Lehrlinge: Warum Betriebe ausbilden“

AFI Pressemitteilung | Lehrlinge

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