15. Februar 2016

Mitgehangen, mitgefangen

von/di Stefan Perini
Wohin mit dem Ersparten? Das fragen sich heute viele Kleinsparer. Bereits jetzt setzen die Südtiroler im italienischen Vergleich verhältnismäßig stark auf Aktien und anderen Wertpapieren. Diese Entwicklung birgt Risiken, aber auch Chancen.

In Südtirol wird überdurchschnittlich viel gespart. Zu den Daten, die Anfang dieser Woche von der Wirtschaftszeitung IlSole24ore veröffentlicht wurden, nahm sogar Landeshauptmann Arno Kompatscher Stellung. Aus der Statistik geht hervor, dass es in der Region Trentino Südtirol 48% der Einwohner gelungen ist, Geld auf die hohe Kante zu legen – das ist italienweit der höchste Wert – und dass die Südtiroler und Trentiner vergleichsweise stärker in Aktien und Investmentfonds investieren als Einwohner in anderen Regionen. Ein Ergebnis, das fleißige Leser des AFI-Barometers nicht überraschen dürfte. Zwar ist die Zielgruppe dort auf die Arbeitnehmer begrenzt, doch auch hier zeigt sich mit erstaunlicher Konstanz, dass es jede zweite Person schafft, Geld auf die hohe Kante zu legen. Ob es dann 1 € oder 1.000 € pro Monat sind, ist ein andere Geschichte. Und da wären wir auch schon bei der Sparquote. Diese zeigt auf, welcher Teil vom Einkommen nicht für Konsum, sondern fürs Sparen bestimmt ist. Im EU-Schnitt bewegt sich die Sparquote der privaten Haushalte stets zwischen 10 und 15% – der jüngste Wert beträgt 12,8%.

Gewinnbringend sparen ist heute alles andere als leicht. Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, wie die in Schieflage geratenen vier mittelitalienischen Banken, die Einführung der Bail-in-Klausel sowie teilweise Negativzinsen für Staatsanleihen haben die Sparer verunsichert. Wertbeständigkeit ist das wichtigste Kriterium, das die Arbeitnehmer zugrunde legen, wenn sie ihr Erspartes anlegen, gefolgt von der Liquidität, also die unmittelbare Verfügbarkeit des Ersparten. Wer heute eine akzeptable Rendite erwirtschaften will ist gezwungen, ein gewisses Risiko auf sich zu nehmen. Doch ein Umstand stößt einigen sauer auf: In den Verwaltungsräten von Aktiengesellschafen sitzen nur selten Vertreter von Arbeitnehmern oder Konsumenten. Um deren Interessen gewahrt zu sehen, hat die Verbraucherzentrale Südtirol kürzlich vorgeschlagen, in jeden Bankvorstand ein von ihnen vorgeschlagenes Mitglied zu berufen. Aber auch die Gewerkschaften schießen sich in dem kürzlich auf nationaler Ebene von CGIL-CISL-UIL verabschiedeten Dokument „Un moderno sistema di relazioni industriali“ verstärkt auf Kooperation mit dem Management ein. In diesem Falle hätten Arbeitnehmer über ihre Vertreter auch konkret Einfluss auf die strategische Ausrichtung der Gesellschaft. Wer in Aktien investiert wüsste dann auch, dass Konsumenten- und Arbeitnehmervertreter in den Verwaltungsräten sitzen, die für die Anliegen der „kleinen Leute“ eintreten. Dann hieße es „mitgehangen“, und nicht „ausgeliefert“.

Dieser Beitrag erscheint in Stefan Perinis samstäglicher Rubrik „Wirtschaft Quer“ in der Printausgabe der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“.

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