07. November 2015

Noch kein Schwung bei Löhnen

von Stefan Perini ("Wirtschaft Quer")

Die Trendwende am Arbeitsmarkt ist geschafft. Was das AFI schon im Juli 2015 festgestellt hat, verkünden nun auch die Verwaltungszahlen des Landes. Eine bittere Tatsache hingegen bleibt: An der Lohnfront tut sich bislang wenig.

Schon am Tag vor der Veröffentlichung der Daten aus der Abteilung Arbeit des Landes stand die Jubelbotschaft in der Zeitung. Der Oktober werde ein Supermonat für die Beschäftigung ließ sich Abteilungsdirektor Helmuth Sinn zitieren. Sehr gut, dass sich herumspricht, was das AFI-Barometer bereits in der Juli-Ausgabe festgestellt hatte: dass die Trendwende am Arbeitsmarkt tatsächlich vollzogen sei. Monate später lässt sich das nun auch aus den Verwaltungsdaten ablesen.

Zu den Fakten: Die Beschäftigungstendenz ist zum zehnten Monat in Folge aufwärtsgerichtet. Im Oktober ist die Zahl der unselbständig Beschäftigten um +1,4% zum Vergleichsmonat des Vorjahres angestiegen. Zieht man das letzte Halbjahr in Betracht, so fällt der Anstieg in einer ähnlich hohen Größenordnung aus (+1,2%). Die Zahl der eingetragenen Arbeitslosen ist rückläufig, und zwar zum siebten Monat in Folge: im Monat Oktober -8,1%, in der Sechs-Monate-Übersicht -6,3%.

In der Wirtschaftsforschung ist von einer Trendwende dann die Rede, wenn sich das Signal eines Richtungswechsels dreimal in Folge bestätigt. Bei den Arbeitslosenzahlen ist das im Juni dieses Jahres eingetreten. Parallel dazu schwenkte einer der Haupt-Frühindikatoren im AFI-Barometer, nämlich die erwartete Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den nächsten 12 Monaten, erstmals seit Beginn der Erhebungen in den positiven Bereich. Beides zusammen erlaubte es, die Trendwende auszurufen.

So weit, so gut. Aber: Der Arbeitsmarkt mag sich zwar im Aufwind befinden, dennoch tun sich mehr als ein Drittel der Arbeitnehmer schwer, mit dem Lohn über die Runden zu kommen, weil das Geld nicht bis ans Monatsende reicht. Anders gesagt: den Leuten fehlt es an Kaufkraft. Die Lohnverhandlungen stehen seit Beginn der Krise so gut wie still. Beispiel Öffentlicher Dienst: Lohnstopp seit April 2009. Nach über sechs Jahren Stillstand wurden die Lohnverhandlungen vor einigen Wochen wieder aufgenommen. Das Angebot einer Lohnaufbesserung um +0,95% wurde von den Gewerkschaften zu Recht als unwürdig bezeichnet und abgeschlagen. Man bedenke, dass im Zeitraum April 2009 bis Juli 2015 allein die Lebenshaltungskosten um +10,6% angestiegen sind. Damit entspricht das Arbeitgeberangebot nicht einmal einem Zehntel des Kaufkraftverlustes.

Die Lohnverhandlung im Öffentlichen Dienst gut abzuschließen ist wichtig – auch weil sie die Latte legen für die Verhandlungen in der Privatwirtschaft, die sukzessive folgen werden.

 

Dieser Beitrag ist erstmals in der Rubrik „Wirtschaft Quer“ in der Printausgabe der Neuen Südtiroler Tageszeitung erschienen

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