28. Oktober 2015

[Studie] Sanitätspersonal: Stabile Arbeitsverhältnisse, aber…

…mit personalpolitischen Herausforderungen. Nach Bildung und Verwaltung ist die Sanität mit über 9.300 Beschäftigten der drittgrößte Arbeitgeber im öffentlichen Dienst Südtirols. Im Beobachtungszeitraum von 2009 bis 2013 gab es hier einen Zuwachs an Beschäftigten von 2,8%. Zugenommen hat insbesondere die Teilzeit. Vor allem Frauen arbeiten Teilzeit: 35,5% der weiblichen Beschäftigten gegen 2,9% der männlichen Beschäftigten (Stand: 31.12. 2013).

Überaus positiv bewertet das Forschungsteam Heidi Flarer und Werner Pramstrahler die stabilen Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Gesundheitswesen Südtirols: Unbefristet Vollzeit arbeiten fast 60%, insgesamt unbefristet immerhin 86,5% der Beschäftigten. Bemerkenswert ist der geringe Anteil an Befristungen: Lediglich 12,4% der Bediensteten sind mit einem solchen Vertrag tätig. „Ohne Zweifel führen die hohen Anforderungen an Qualifikation und Professionalität im klinischen Kernbereich der Sanität zu dieser stabilen Beschäftigungslage.“, erläutert Werner Pramstrahler diese doch bemerkenswerte Situation.

Einsparungsmaßnahmen lauern

Aufgrund der gesetzlichen Sparvorgaben hat es in der Sanität im Untersuchungszeitraum zwar keinen allgemeinen, aber wohl einen selektiven Personal-Aufnahmestopp gegeben. Dieser betraf insbesondere die Verwaltung und die „weniger essenziellen“ Berufsbilder. Die interviewten Experten bestätigten, dass Nachbesetzungen allgemein langsamer erfolgen und im Verwaltungsbereich möglichst überhaupt nicht mehr nachbesetzt wird. „Potenziell rückläufig sind die Chancen der Unter-30-jährigen, einen unbefristeten Vertrag zu bekommen. Zwar ist der Anteil der unter 30-jährigen Beschäftigten mit unbefristeten Verträgen mit 34,0% überdurchschnittlich hoch, aber im Beobachtungszeitraum hat es hier ein deutliches Minus von 18,7 Prozentpunkten gegeben“, bringt Heidi Flarer die Datenlage auf den Punkt.

„Die Gesundheitswirtschaft und mit ihr die Sanität gelten mittlerweile als Motoren des  gesellschaftlichen Wohlbefindens und auch der örtlichen Wirtschaftskreisläufe. In dieser Hinsicht sind die beschäftigungspolitischen Entwicklungen äußerst genau zu beobachten“, unterstreicht AFI-Direktor Stefan Perini die volkswirtschaftliche Relevanz.

Herausforderung Fachkräftemangel

Die Personalpolitik im öffentlichen (wie im privaten) Gesundheitswesen steht vor beträchtlichen Herausforderungen. Eine grundlegende Rahmenbedingung ist der demografische Wandel, der zu einem steigenden Bedarf an Leistungen führt; hinzu kommen neue Aufgabenbereiche wie Prävention, Rehabilitation und in vielen Fällen auch Pflege bis hin zu Palliativleistungen. Darauf macht Werner Pramstrahler aufmerksam: „Dagegen stehen der Fachkräftemangel, nicht nur von Ärzten, sowie der rasante medizintechnologische Fortschritt, der ständig zur Einführung neuer Berufe und Spezialisierungen führt.“ Das alles stelle die Belegschaft vor einen fortwährenden Umbruch der Organisationsformen in Krankenhäusern und Sprengeln. Eine weitere Rahmenbedingung bildet der Staat mit seinen Sparvorgaben im öffentlichen Gesundheitswesen.

Prekaritätsgefährdung durch Arbeitsbelastung

Angesichts der besonderen körperlichen, psychischen und psychosozialen Anforderungen im Gesundheitswesen und in der Pflege bereitet die Alterung der Bediensteten zunehmend Sorge. Ein potenzielles Prekaritätsrisiko orten die interviewten Experten bei Mitarbeitern, die infolge der hohen (psychischen) Belastungen ihren Dienst nicht mehr ausüben können.

Gute Arbeitsbedingungen für gute Gesundheitsdienstleistungen

Gerade im Krankenhaus hängen die Qualität der Arbeit und die Qualität der Versorgung aufs engste zusammen. Die Belastungen wie die Verantwortung der Beschäftigten sind in Sanitätswesen beträchtlich; Mitarbeiter müssen mit teilweise unzureichenden Organisationsstrukturen, ausdifferenzierten und nicht immer vorhersehbaren Arbeitszeiten sowie zunehmenden administrativen Tätigkeiten zu Recht kommen. „Das in Südtirol derzeit intensiv diskutierte und notwendige Vorhaben „Gesundheit 2020“ soll eine Gelegenheit sein, die Reorganisation im Sanitätswesen so zu gestalten, dass sie sowohl zu mehr Versorgungsqualität, Kosteneffizienz und Arbeitsqualität der Beschäftigten führt.“, wünscht sich AFI-Präsident Toni Serafini.

 

Die vollständige Studie „Atypische Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst Südtirols 2009-2013. Bereich Sanität“. Nähere Informationen erteilt AFI-Forschungsmitarbeiter Werner Pramstrahler (T. 0471 41 88 44, werner.pramstrahler@afi-ipl.org).

AFI Pressemitteilung | Arbeitnehmer*innen | Qualität der Arbeit

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