21. Februar 2016

Verfehlter Jahresauftakt

Zuspitzung der Flüchtlingskrise, Crash an den Börsen: Der Start ins neue Jahr ist alles andere als geglückt. In Deutschland ist die Rezessionswahrscheinlichkeit innerhalb eines Monats um ganze 10 Prozentpunkte angestiegen.

Wie die Hans-Böckler Stiftung schreibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft in eine Rezession gerät, in den vergangenen Wochen deutlich angestiegen. Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Für das laufende Quartal weist der IMK-Konjunkturindikator, der die wichtigsten Informationen über die aktuelle Wirtschaftslage bündelt, eine durchschnittliche Rezessionswahrscheinlichkeit von 23,6 Prozent aus. Im Vormonat lag das Rezessionsrisiko lediglich bei 13,9 Prozent. In anderen Worten: In nur einem Monat ist die Rezessionswahrscheinlichkeit für Deutschland um 10 Prozentpunkte angestiegen. Der nach dem Ampelsystem aufgebaute Indikator liege heute zwar noch im „grünen Bereich“ (geringe Rezessionsgefahr), der von null bis 30 Prozent reiche. Er habe sich aber der nächsten Warnstufe (gelb, erhöhte Unsicherheit) stark genähert. Den deutlichen Anstieg des Rezessionsrisikos erklären die Konjunkturforscher in erster Linie damit, dass die Aktienkurse ihre Talfahrt mit rasantem Tempo fortgesetzt und sich die Stimmungsindikatoren weiter eingetrübt haben. Darüber hinaus sei die Auftragslage der deutschen Unternehmen nicht mehr so rosig. Hinzu kommt, dass sich die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen abermals verschlechtert hätten. Noch wird der Anstieg des Rezessionsindikators lediglich als negatives Signal gewertet. Die Analysten sehen sich vorerst nicht dazu angehalten, an der Konjunkturprognose für Deutschland von 1,8 Prozent im Jahr 2016 zu rütteln. Halten allerdings Flüchtlingskrise, militärische Konflikte im Nahen Osten und negative Tendenz an den Börsen an, so stehe eine Absenkung der Wachstumsprognose vor der Tür, heißt es aus der Hans-Böckler-Stiftung. Ein Schritt, den die OECD Mitte dieser Woche bereits vollzogen hat. Die Wachstumsprognosen für 2016 wurden für die meisten Länder Europas nach unten revidiert – am stärksten für Deutschland, nämlich um einen halben Prozentpunkt. Immer stärker setzt sich die Einsicht durch, dass niedrige Rohstoffpreise nicht nur ein Wohl, sondern auch ein Risiko sind, zumal sie sich negativ auf die Wachstumschancen der Schwellenländer auswirken. Mittlerweile spricht auch die OECD offen davon, dass steuerliche Anreize und öffentliche Investitionen notwendig sind, um die Binnennachfrage zu stützen. Damit sehen sich jene bestätigt, die seit jeher behauptet haben, dass die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank alleine nicht ausreicht, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.

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