14. April 2022

Was macht den öffentlichen Dienst wieder attraktiv?

Foto: Adobe Stock

Vorschau AFI-Barometer

Ein höherer Lohn, mehr Flexibilität, eine anregendere Arbeit durch Übertragung von mehr Verantwortung: das sind die Schlüsselelemente, dank deren der öffentliche Dienst in Südtirol signifikant an Attraktivität gewinnen könnte. So sehen es zumindest die Arbeitnehmer/Innen, die sich in der Frühjahrsausgabe 2022 des AFI-Barometers dazu geäußert haben. Dazu AFI-Präsident Dieter Mayr: „Diese Aspekte sind uns Gewerkschaften alle bekannt, doch dank des AFI-Barometers werden nun auch Wertung und Reihung deutlich. Es ist dies der wahre Mehrwert der Befragung.“

Öffentliche Wettbewerbe, die leer ausgehen, eine geringe Zahl an Bewerber/Innen, suboptimale Lösungen bei der Nachbesetzung: Der öffentliche Dienst tut sich schwer, Stellen gut nachzubesetzen, und das im Strudel einer Pensionierungswelle, die bereit voll im Rollen ist. „Mit der Privatwirtschaft im Wettbewerb um die hellsten Köpfe und fleißigsten Hände mithalten zu können, um den öffentlichen Dienst nicht an die Wand zu fahren – das wird mittelfristig eine echte Herkulesaufgabe sein“, streicht AFI-Direktor Stefan Perini heraus.

In der Frühjahrsausgabe des AFI-Barometers wurde den Personen im öffentlichen Dienst die Frage gestellt, welche Faktoren für ihre Berufswahl ausschlaggebend gewesen seien. Bei jenen aus der Privatwirtschaft wurde hingegen erörtert, was sie dazu bewegen könnte, in den öffentlichen Dienst zu treten bzw. warum sie diese Option kategorisch ausschließen. Weiter noch, welche Hebel in Bewegung gesetzt werden müssten, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu steigern. Bis maximal drei Aspekte konnten die Interviewten pro Frage nennen.

Gruppe 1: Die „Insider“

Etwas mehr als ein Viertel der interviewten Personen (28%) arbeiten bereits heute im öffentlichen Dienst. Damit kommt die Stichprobe der Realität am Südtiroler Arbeitsmarkt erstaunlich nahe. Was waren die Haupt-Beweggründe, um sich für eine Arbeit im öffentlichen Dienst zu entscheiden? Der größte Teil der Personen (35%) hat sich bewusst dafür entscheiden, z.B. weil es dieses Berufsbild nur im öffentlichen Dienst gibt (Lehrerin, Kindergärtnerin, Krankenpflegerin) bzw. weil der Ausbildungsweg, den man beschritten hat, auf den öffentlichen Dienst hinzielt. Auf Platz zwei der Beweggründe steht die „fixe Arbeitsstelle“, sprich die Sicherheit, den Arbeitsplatz nicht zu verlieren (21%). Hoch im Kurs steht auch die flexible Handhabung der Arbeitszeit und die sogenannte work life balance, die mit dem Bereichsvertrag des öffentlichen Diensts verbunden wird (16%).

Gruppe 2: Die “Wechselbereiten”

Knapp mehr als die Hälfte der Personen, die aktuell in der Privatwirtschaft arbeiten (entsprechend 37% der Interviewten), könnte sich vorstellen, in den öffentlichen Dienst zu wechseln, wenn die Rahmenbedingungen passen. Als Beweggründe, die für einen Wechsel ausschlaggebend sein könnten, werden genannt: die flexiblen Arbeitszeiten und die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf (22%), eine sichere Entlohnung (20%) und die vertragliche Sicherheit (20%). Durchaus auch erwähnt ist die Perspektive, in einem weniger stresshaften Ambiente arbeiten zu können (9%) sowie das Interesse für die Art der Tätigkeit (8%).

Gruppe 3: “Allergisch” dem öffentlichen Dienst gegenüber

Knapp weniger als die Hälfte der Personen, die heute in der Privatwirtschaft arbeiten (entsprechend 35% der Interviewten), will hingegen vom öffentlichen Dienst nichts wissen. Als Hauptgrund für die fehlende Wechselbereitschaft in den öffentlichen Dienst wird angegeben, dass es sich um ein wenig stimulierendes Ambiente handle (26%). Die niedrige Entlohnung (10%), die belastende Bürokratie (8%), die begrenzten Karrieremöglichkeiten (8%) sowie die noch als zu rigide empfundenen Arbeitszeiten (7%) sind weitere Elemente die davon abhalten, in den Dienst des öffentlichen Arbeitgebers einzutreten. Eine weitere Bemerkung: Ein nicht unwesentlicher Teil der Befragten (11%) sieht in den Zugangsvoraussetzungen, insbesondere in der Zweisprachigkeitsbescheinigung, ein wesentliches Hemmnis.

Was den öffentlichen Dienst wieder attraktiv machen könnte

Allen Interviewten wurde die Frage gestellt, was den öffentlichen Dienst wieder attraktiv machen könnte. Die meisten Nennungen entfallen auf ‚höhere Löhne‘ (23%) und eine ‚bessere Vereinbarkeit Beruf-Privatleben‘ (15%). Erstaunlich viele verorten den Erfolgsschlüssel in einer ‚anregenderen Arbeitstätigkeit mit mehr Verantwortung‘ (12%), Mit Abstand weniger stark genannt sind andere Faktoren: ‚weniger Bürokratie‘ (7%), ‚bessere Karrieremöglichkeiten‘ (6%), ‚stärkere Leistungsorientierung‘ (6%). AFI-Forscher Matteo Antulov bringt es auf den Punkt: „Zweifelsfrei sind gerade die ersten drei Aspekte, nämlich die wirtschaftliche Behandlung, die flexibleren Arbeitszeiten und die Gestaltungsfreiräume durch mehr Eigenverantwortung die Hauptfaktoren, welche die Arbeitnehmer/Innen in den öffentlichen Dienst bringen würden“.

Stellungnahme von AFI-Präsident Dieter Mayr

„Diese Aspekte sind uns Gewerkschaften alle bekannt, doch dank des AFI-Barometers werden nun auch Wertung und Reihung deutlich. Es ist dies der wahre Mehrwert der Befragung.“

Das AFI-Barometer erscheint viermal im Jahr (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) und gibt das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmerschaft wieder. Die telefonisch geführte Umfrage betrifft 500 Arbeitnehmer/Innen und ist für Südtirol repräsentativ. Die Interviews für die Frühjahrsausgabe des AFI-Barometers wurden im Zeitraum vom 1. bis zum 20. März 2022 geführt (also kurz nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine am 24.02.2022).

Das aktuelle Stimmungsbild wird in einer Pressekonferenz am Donnerstag, 21.04.2022, 11:00 Uhr, im Palais Widmann, Innenhof, in Anwesenheit von Arbeits-Landesrat Philipp Achammer vorgestellt.

Nähere Informationen zu den Forschungsergebnissen erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T. 349 833 40 65, stefan.perini@afi-ipl.org) sowie AFI-Forscher Matteo Antulov (T. 0471 41 88 38, matteo.antulov@afi-ipl.org).

AFI Pressemitteilung | Öffentlicher Dienst

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner