15. November 2023

Weiterbildung: Die Motivation sinkt weiterhin

Maria Elena Iarossi

AFI Barometer – Berufliche Weiterbildung

62% der Südtiroler Arbeitnehmenden haben in den letzten 12 Monaten an einer oder mehreren Weiterbildungen teilgenommen, um ihre beruflichen Kompetenzen auszubauen. Zwar handelt es sich immer noch um einen hohen Prozentsatz, doch sinkt dieser bereits seit 2020, sodass er nun seinen tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung des AFI im Jahr 2014 erreicht hat. „Wir müssen unbedingt verhindern, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Motivation zur Weiterbildung verlieren und somit ihre Chancen in der Arbeitssuche schmälern. Wer kein Interesse mehr an beruflichem Wachstum hat, fällt in die Reihen der unzureichend qualifizierten Arbeitskräfte zurück, die jederzeit mit kostengünstigerem Personal ersetzt werden können“, zeigt sich AFI-Präsident Andreas Dorigoni besorgt.

Die berufliche Bildung ist ein entscheidender Faktor für die persönliche Entwicklung, für die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt und nicht zuletzt für die positiven Effekte auf das Wirtschaftssystem im Allgemeinen. Laut den Daten von Eurostat über die berufliche Weiterbildung der 25- bis 64-Jährigen im Jahr 2022 scheint der Anteil der Südtiroler, die einen Kurs besucht haben, zu steigen. Die Erhebung des AFI | Arbeitsförderungsinstituts, die sich auf die Arbeitnehmer:innen beschränkt, zeigt jedoch ein ganz anderes Bild, nämlich dass sich die abhängig Beschäftigten von der beruflichen Weiterbildung weniger angesprochen fühlen.

Der Teilnahmegrad

Die Daten der Herbstausgabe des AFI-Barometers belegen, dass in Südtirol 62 von 100 Arbeitnehmenden in den 12 Monaten vor der Befragung an mindestens einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen haben, die entweder vom Arbeitgeber bezahlt oder manchmal sogar von den Arbeitnehmenden selbst finanziert wurde. „Es handelt sich hierbei um den tiefsten Stand der letzten zehn Jahre“, betont AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi und fügt hinzu: „Trotz der Fortschritte in der Fernausbildung scheint die Verbreitung der neuen Technologien in der Pandemiezeit die Nachfrage im Weiterbildungsbereich nicht angekurbelt zu haben.“ Der Großteil der Beschäftigten (43%) nahm auf Anleitung des Arbeitgebers an spezifischen Fachkursen teil, 33% wurden direkt am Arbeitsplatz eingearbeitet, 26% waren bei externen Veranstaltungen dabei (sprich Tagungen, Konferenzen, Seminaren oder Workshops) und 20% nahmen schließlich noch an berufsrelevanten Kursen teil, die sie sich selbst finanziert haben.

Die Hauptgründe für die Teilnahme

Es gibt verschiedene Gründe für die Teilnahme an Weiterbildungskursen. 84% der in Südtirol befragten Arbeitnehmer:innen bildeten sich laut eigener Aussage weiter, um ihre beruflichen Aufgaben besser erfüllen zu können; 75% beteiligten sich vor allem aus Eigeninteresse. Andere wiederum wollten vor allem eine Bescheinigung oder ein Zertifikat erhalten (45%), ihre Karriereaussichten verbessern (43%), soziale Kontakte knüpfen, die später nützlich sein könnten (35%) oder den eigenen Lebenslauf erweitern, um sich ihren Arbeitsplatz zu sichern (33%). Schließlich erklärten 35%, vom Arbeitgeber zur Teilnahme verpflichtet worden zu sein.

Gründe für die Nichtteilnahme

38% der Befragten nahmen in den letzten 12 Monaten an keiner beruflichen Weiterbildung teil. Davon erklären ganze 60%, diese nicht für erforderlich zu halten; 39% waren hingegen aus familiären Gründen verhindert. 35% haben kein angemessenes Angebot gefunden. Nur 26% jener Arbeitnehmenden, die keine Weiterbildung besucht haben, hätten gerne daran teilgenommen.

Zu sehr oder zu wenig ausgebildet?

58% der Befragten erklären, Aufgaben auszuüben, die ihren Fähigkeiten entsprechen. 30% sind der Auffassung, dass sie mit ihren Fähigkeiten und Kenntnissen auch komplexere Aufgaben als jene ausüben könnten, die zum Zeitpunkt der Befragung in ihren Aufgabenbereich fielen. 12% der Befragten geben hingegen an, nicht die erforderlichen Kompetenzen für ihre Arbeit zu besitzen und daher einer zusätzlichen Weiterbildung zu bedürfen, um ihre Aufgaben effizient erledigen zu können.

Strategischer Zukunftsfaktor

Der herrschende Arbeitskräftemangel erleichtert die Arbeitssuche sehr; dahinter lauert jedoch die Gefahr, dass das Interesse der Beschäftigten an der Weiterbildung schwindet, wie die fallenden Teilnehmerzahlen bereits konkret zeigen. In einer Zeit großer technologischer und kultureller Umwälzungen, wie wir sie jetzt erleben, ist es jedoch wichtiger denn je, dieses Interesse zu fördern und mitzutragen.

 

Zur Pressemitteilung

Grafik 1

Grafik 2

Grafik 3

 

Das AFI-Barometer erscheint viermal im Jahr (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) und gibt das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmerschaft wieder. Die telefonisch geführte Umfrage betrifft 500 Arbeitnehmer und ist für Südtirol repräsentativ.

Nähere Informationen erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T. 0471 41 88 30, M. 349 833 4065, stefan.perini@afi-ipl.org) und AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi (T. 0471 41 88 40, maria-elena.iarossi@afi-ipl.org).

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