06. Mai 2018

Wenig Glanz für Südtirol

Stefan Perini ("Wirtschaft Quer")

Bei den hohen Lebenshaltungskosten müsste es in Südtirol mehr Landeszusatzverträge und Betriebsabkommen geben. Die Realität schaut anders aus.

Die Angemessenheit der Löhne ist in Südtirol derzeit stark im Gespräch. Hierzulande gibt es 210.000 Arbeitnehmer und somit auch 210.000 Lohnsituationen. Der individuell ausgehandelte Lohn ist das Resultat der allgemeinen konjunkturellen Lage, des Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt sowie der persönlichen Fähigkeit, den Arbeitgeber von den eigenen Qualitäten zu überzeugen. Neben der individuellen Verhandlungsebene gibt es auch die kollektive. Die Grundlage für die Entlohnungen in den jeweiligen Wirtschaftssektoren bilden die nationalen Kollektivverträge. Darauf aufbauend existiert auch die sogenannte zweite Ebene in Form von Landeszusatzverträgen und Betriebsabkommen. Diese fördert der Staat seit 2016 über die steuerliche Entlastung der Betriebsprämie, was dem Arbeitnehmer zugutekommt.

Wer darum ansucht, weiß das italienische Arbeitsministerium. Am 16. April 2018 waren im Portal des Ministeriums exakt 9.952 aktive Verträge eingetragen, und zwar 1.691 territoriale Abkommen und 8.261 Betriebsabkommen. Da Südtirol rund 1% der Bevölkerung Italiens stellt, erwartet man entsprechend proportionierte Zahlen. Weit gefehlt. Für Bozen scheinen nur 7 Landeszusatzverträge und 32 Betriebsabkommen auf. Trient hat dagegen 139 Landeszusatzverträge und 122 Betriebsabkommen.

Eine recht blasse Figur für Südtirol also. Die Gründe sind sowohl verwaltungstechnischer als auch kultureller Natur. In Südtirol besteht neben der Meldemöglichkeit ans Arbeitsministerium auch die Möglichkeit der separaten Meldung an das Arbeitsinspektorat. Nach AFI-Informationen dürften dort allerdings maximal 100 Betriebsabkommen und nur 3 Landeszusatzabkommen deponiert sein.

„In der Statistik des Arbeitsministeriums gibt das Land Südtirol eine blasse Figur ab“

Was man nicht weiß, ist, wie viele davon Doppelmeldungen an das Ministerium sind. Sehr viel wahrscheinlicher ist das Gegenteil der Fall: Viele Betriebe wissen nicht oder machen nicht von der Möglichkeit Gebrauch, ihren Mitarbeitern über Betriebsprämien mehr Netto vom Brutto zuzuspielen. Dazu kommen Unklarheiten in der Meldeprozedur. Ein Leitfaden könnte Licht ins Dunkel bringen.

Erstmals veröffentlicht in „Die Neue Südtiroler Tageszeitung“ vom 5. Mai 2018

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