Branchenspiegel Stimmungsbild Sonderthema

Die Ergebnisse der Umfrage sprechen für sich: Gemessen an den Lebenshaltungskosten in Südtirol sprechen sich 58% der Arbeitnehmer unzufrieden mit ihrem Gehalt aus. In Bezug auf die wahrgenommene Ungleichheit geben 85% der Befragten an, dass die Unterschiede zwischen jenen, die viel haben und jenen, die wenig haben, in Südtirol „sehr groß“ oder „eher groß“ seien. Den Hauptgrund für die Kluft zwischen Arm und Reich sieht Südtirols Arbeitnehmerschaft im Steuersystem, in der Lohnpolitik und in der Wirtschaftspolitik. Um in Südtirol die Nase vorne zu haben, brauche es vor allem eine gute Schulbildung, Glück, die richtigen Netzwerke und harte Arbeit. Internationale Studien zeigen eine andere Reihung: „harte Arbeit“ steht hier an zweiter und „Glück“ an vierter Stelle. Die Interventionsschienen, um Ungleichheit entgegenzuwirken, entsprechen jenen, die von der OECD vorgeschlagen sind: die Garantie einer soliden Bildungsbasis, eine aktive Beschäftigungspolitik, ein progressives Steuersystem mit Transferleistungen und die Förderung der Beteiligung von Frauen am Wirtschaftsleben.

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Südtirol: Die Lage ist besser als die Stimmung

In Südtirol haben sich die Stimmungsindikatoren der Arbeitnehmer mehrheitlich abgeschwächt, allerdings nicht in dem Maße, wie auf nationaler Ebene. Positiv hervorzuheben ist für Südtirol die wahrgenommene Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes (zu 93% als sicher empfunden) sowie die Perspektive, einen gleichwertigen Job zu finden (der höchste Wert seit Beginn der Erhebung im Sommer 2013). Doch es gibt auch Schattenseiten: Die Rückbildung der Zahl an Arbeitslosen könnte in den nächsten Monaten ins Stocken geraten. Der Anteil der Südtiroler Arbeitnehmer der angibt, nur mit Schwierigkeiten über die Runden zu kommen, weil das Geld nicht bis ans Monatsende reicht, steigt wieder auf 36% an. Schließlich wird eine gewisse Verunsicherung bei den Arbeitnehmern deutlich, was ihre Sparfähigkeit in den nächsten 12 Monaten anbelangt. Meldungen über strauchelnde Banken, die allgemeine Unsicherheit an den Finanzmärkten und niedrige Sparzinsen bilden hierfür kein förderliches Umfeld.

AFI-Wachstumsprognose für Südtirols Wirtschaft unverändert

Zu Jahresmitte 2016 präsentieren sich die Eckzahlen zu Südtirols Wirtschaft durchaus zufriedenstellend: Der Positiv-Trend am Südtiroler Arbeitsmarkt hat sich im 1. Halbjahr 2016 gefestigt (Beschäftigung: +2,5%, Zahl an Arbeitslosen: -2,1%, Arbeitslosenrate: 3,8%). Die Erholung ist nun auch im Baugewerbe in aller Deutlichkeit sichtbar. Die Exporte konnten im 1. Quartal 2016 gesteigert werden (+4,7%), ebenso die Importe (+0,9%). Die touristische Wintersaison schloss mit einem Nächtigungsplus von +6,2% ab – berücksichtigt man nur die ersten vier Jahresmonate waren es +5,7%. Des Weiteren ist anzumerken, dass die Aussichten für Südtirol gerade wegen der vergleichsweise geringen Terrorgefahr auch für das zweite Halbjahr besonders gut sind. Die Inflation bleibt mit +0,3% im Schnitt der ersten sechs Jahresmonate knapp im positiven Bereich. Besondere Aufmerksamkeit gilt in dieser Phase dem Kreditmarkt. Zwar ist das Kreditvolumen in den ersten vier Jahresmonaten insgesamt um +2,6% angestiegen, aber die Kreditvergabe an Unternehmen ist in den Monaten März und April eingebrochen. Die AFI-Wachstumsprognose für Südtirols Wirtschaft von +1,0% im Jahr 2016 bleibt nichtsdestotrotz aufrecht.

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Im Gleichschritt mit der Entwicklung des Angebots ist der Anteil der Arbeitnehmer, der sonntags einkaufen geht, leicht im Steigen begriffen. Unbeschadet davon sprechen sich immer noch knapp zwei Drittel der Südtiroler Arbeitnehmer prinzipiell gegen die Öffnung von Geschäften am Sonntag aus. Wichtiger noch: Es sinkt die Bereitschaft, sonntags zu arbeiten. „Noch stärker als vor zwei Jahren verbinden die Arbeitsnehmer den freien Sonntag mit Familie und Lebensqualität. „Wir haben den Auftrag, dieses Bedürfnis erst zu nehmen und über die Landesgesetzgebung, eventuell auch in Abstimmung mit der Provinz Trient, sowie auf kollektivvertraglicher Ebene abzusichern“, sagt AFI-Präsident Toni Serafini.

Offene Geschäfte am Sonntag, ja oder nein? Noch immer spaltet diese Frage die Südtiroler Gesellschaft. Kürzlich ist es der Landesregierung gelungen, mit einer Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut die Raumplanung im Handel wieder in den Zuständigkeitsbereich von Bozen und Trient zu holen. In diesem Zusammenhang flammte auch die Erwartung einer Einschränkung der Sonntags-Öffnung wieder auf. Wie Südtirols Arbeitnehmer zur Sonntagsöffnung stehen zeigt eine Umfrage, die im Rahmen des AFI-Barometers durchgeführt wurde. Vor zwei Jahren hatte das AFI bereits die identischen Fragen gestellt. Das erlaubt einen ersten Vergleich.

graf_01_deZwei von drei Arbeitnehmern gegen die Sonntagsöffnung

66 % der Südtiroler Arbeitnehmer sprechen sich prinzipiell gegen die Öffnung der Geschäfte am Sonntag aus, 18 % äußern sich gleichgültig, 16 % sind dafür. Vor zwei Jahren war die Verteilung der Antworten sehr ähnlich.

graf_02_deHohe Kohärenz: Wer gegen die Sonntagsöffnung ist, kauft auch nicht ein

Danach befragt, ob sie als Konsument selbst sonntags einkaufen gehen, antworten 48 % der Arbeitnehmer, dass sie dies nicht tun würden, 30 % gehen selten, 16 % manchmal und 6 % oft am Sonntag ihren Einkäufen nach. In Sachen Einkaufsverhalten hat sich in nur zwei Jahren eine erkennbare Verschiebung hin zum Sonntags-Einkauf ergeben.

Ins Auge sticht weiter die hohe Kohärenz, die Südtirols Arbeitnehmer an den Tag legen. „Wer gegen die Sonntagsöffnung ist, kauft an diesem Tag auch nicht ein. Das war vor zwei Jahren so und ist auch so geblieben“, weiß AFI-Direktor Stefan Perini.

graf_03_deDer freie Sonntag ist Lebensqualität

Stark ausgeprägt ist das Bewusstsein seitens der Arbeitnehmer, regelmäßige Arbeit am Sonntag würde das Familien- und Privatleben und somit die Lebensqualität beeinträchtigen: 54 % würden Sonntagsarbeit als „sehr große“ Belastung empfinden, 24 % als „große“. Nur 24% stufen die Belastung als „gering“, weitere 15% als „irrelevant“ ein.

„Wesentlich stärker als noch vor zwei Jahren rückt heute der Zielkonflikt zwischen der Notwendigkeit von Sonntagsarbeit und dem Bedürfnis nach Familien- bzw. Privatleben ins Licht. Für mich ist die Deutlichkeit dieser Verschiebung die größte Überraschung der Umfrage.“

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