29. Mai 2024

Gedämpfter Optimismus: Südtirols Arbeitnehmer-Familien weiterhin in Schwierigkeiten

Maria Elena Iarossi

AFI-Barometer – Branchenspiegel

Unmittelbar nach der Corona-Pandemie war eine Welle von Optimismus zu spüren, doch diese flacht nun zusehends ab. Die Daten der Beobachtungsstelle für den Arbeitsmarkt zeigen für das erste Quartal 2024 zwar weiterhin ein beschäftigungsmäßiges Wachstum, doch die Erwartungen der Arbeitnehmer:innen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung bleiben in fast allen Sektoren gedämpft – einzig das Verarbeitende Gewerbe bildet hier eine Ausnahme. „Die Unsicherheit der Arbeitnehmer über die Entwicklung ihres Familienbudgets bleibt bestehen“, kommentiert AFI-Direktor Stefan Perini. „Heutzutage bietet leider selbst der Umstand, einen Arbeitsplatz zu haben, keine Garantie mehr für ausreichend wirtschaftliche Sicherheit.“

In den letzten Monaten hat sich die Inflation verlangsamt und die Arbeitnehmer:innen bleiben verhalten zuversichtlich. AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi betont: „Dahinter steckt jedoch weniger eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation für Südtirols Arbeitnehmerfamilien – es ist vielmehr das Ergebnis eines Anpassungsprozesses an unsichere Bedingungen.“

„Grundvertrauen“, trotz anhaltendem Kaufkraftverlust

Betrachtet man die Entwicklung im letzten Quartal, so sind die Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung Südtirols in den nächsten 12 Monaten in nahezu allen Sektoren – Verarbeitendes Gewerbe ausgenommen – rückläufig. Zieht man hingegen die letzten 12 Monate in Betracht, bleibt der Index auf akzeptablem Niveau. Insofern kann man mehr von einem Zurückschrauben der Erwartungen, als von einer signifikanten Verschlechterung der Stimmung sprechen. Im Sektorenvergleich überdurchschnittlich gut bleiben die Einschätzungen der Arbeitnehmer:innen im Gastgewerbe (der Index liegt hier bei 16 Punkten auf einer Skala von -100 bis +100). Noch überwiegend optimistisch gestimmt sind auch die Beschäftigten in der Landwirtschaft (12 Indexpunkte), im Verarbeitenden Gewerbe (11 Indexpunkte), im Handel (11 Indexpunkte) und im öffentlichen Sektor (10 Indexpunkte).

Andere erwähnenswerte Tendenzen: Im Gastgewerbe ist es schwieriger geworden, einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu finden, vergleicht man dies mit der Einschätzung vor einigen Quartalen. Im Handel und im öffentlichen Sektor bleibt das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, grundsätzlich niedrig. Im Baugewerbe hat die Reform des „Superbonus“ zu erhöhter Unsicherheit geführt. AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi resümiert die Lage folgendermaßen: „Was die Beschäftigungssituation betrifft, ist allerdings ein großer Teil der Arbeitnehmer nicht wirklich besorgt – mehr Kopfzerbrechen bereitet die wirtschaftliche Lage der Haushalte.“

In der Tat sieht die finanzielle Situation weniger rosig aus: Sowohl der Indikator betreffend die Fähigkeit, mit dem Lohn auszukommen, als auch die erwartete Entwicklung der finanziellen Lage der Haushalte bleiben auf negativem Niveau. Überraschenderweise haben sich jedoch die Erwartungen, in den nächsten 12 Monaten Geld ansparen zu können, wieder etwas aufgehellt – was zumindest hoffen lässt.

Zuwachs der Beschäftigung mit Licht- und Schattenseiten

Trotz des unsicheren internationalen Umfelds und der Nachwirkungen der Energiepreisschocks zeigt sich der Südtiroler Arbeitsmarkt nach wie vor robust. Im ersten Quartal 2024 stieg die Zahl der unselbstständig Beschäftigten um +2,0% im Vergleich zum Frühjahr 2023. Insbesondere die Teilzeitbeschäftigung verzeichnete einen Zuwachs von +3,2%, was einen anhaltenden Trend darstellt und weiter beobachtet werden sollte. Das Beschäftigungswachstum kennzeichnet derzeit alle Sektoren. Selbst das Baugewerbe, das vor einem Jahr einen Rückgang der Beschäftigtenzahl um -1,1% verzeichnete, zeigt nun einen Anstieg von +0,9%. Mit Blick auf die Altersklassen ist der Anstieg der Beschäftigten über 50 Jahre besonders auffällig (+4,0%).

 

Zur Pressemitteilung

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Nähere Informationen zu den Forschungsergebnissen erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T. 0471 41 88 30, M. 349 833 40 65, stefan.perini@afi-ipl.org) sowie AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi (T. 0471 41 88 40, maria-elena.iarossi@afi-ipl.org).

Das AFI-Barometer erscheint viermal im Jahr (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) und gibt das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmerschaft wieder. Die telefonisch geführte Umfrage betrifft 500 Arbeitnehmer:innen und ist für Südtirol repräsentativ. Die Interviews der letzten Ausgabe wurden im Zeitraum vom 1. bis zum 20. März 2024 geführt. 

Der Bericht „AFI-Barometer – Branchenspiegel – Frühjahr 2024“ kann auf der Website des Instituts www.afi-ipl.org heruntergeladen werden. Er zeigt jeweils die Entwicklung der 8 Indikatoren für jeden der 7 in der Analyse berücksichtigten Sektoren.

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