COVID-19: Wie sich unser Leben und unsere Arbeit verändern
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COVID-19: Wie sich unser Leben und unsere Arbeit verändern
Unternehmen und öffentliche Körperschaften haben in der Covid-19-Notlage zwangsläufig ihre Arbeitsverfahren umorganisieren müssen. Smart Working und Telearbeit sind nun die meist vertretenen Arbeitsformen; für viele Organisationen war dabei die Digitalisierung der reinste Rettungsanker. Nach der Krise sollte die tatsächliche Auswirkung dieser neuen digitalen Arbeitslösungen genau untersucht werden.
Die Verbreitung des Coronavirus hat unsere Arbeitsweise und das soziale Leben völlig umgekrempelt und uns gezwungen, unseren Arbeitsmodus und Austausch mit anderen umzuorganisieren. In der Arbeitswelt sind nun Ausdrücke wie Smart Working, Telearbeit oder Homeoffice/Homeworking keine leeren Begriffe mehr, sondern konkrete Tatsachen. Sei es die Unternehmen der Privatwirtschaft als auch die öffentliche Verwaltung haben sehr schnell handeln und entscheiden müssen, wie es nun zur Zeit des Coronavirus mit der Arbeit weitergehen soll.
Smart Working … und Unternehmen
Unternehmen, die bereits einen hohen Level an Digitalisierung erreicht hatten, konnten sich schneller an die neue Situation anpassen. In der Wirtschaft 4.0 sind solche „agilen“ Unternehmen durchaus in der Lage, schnell und flexibel auf solche Herausforderungen und Existenzbedrohungen einzugehen.
Wer konnte, hat seinen Beschäftigten, vor allem den Angestellten, sofort das Smart Working (oder „agiles“ Arbeiten) ermöglicht. Dafür mussten aber alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in kürzester Zeit mit einem Laptop ausgestattet werden, um auch von zuhause aus arbeiten zu können. In vielen Fällen haben die Mitarbeiter ihren eigenen Internetanschluss und ihr Smartphone zur Verfügung gestellt; in anderen Fällen hingegen, in denen die Mitarbeiter über keinen eigenen Anschluss verfügten, haben die Arbeitgeber Internet-Sticks geliefert.
In dieser plötzlichen Notlage mussten die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zudem auch ihr Privatleben neu einteilen, um überhaupt von zuhause aus arbeiten zu können. Für Beschäftigte mit Kindern war dies gleichzeitig auch ein Experiment, wie gut sich Familie und Arbeit zu vereinbaren lässt.
Sehr bald ist es aber auch zu Schwierigkeiten mit dem Internetnetz gekommen, das zurzeit sehr stark belastet ist und in dieser Notlage seine Lücken aufdeckt – die ungenügende territoriale Deckung, die mangelnde Belastbarkeit zu Spitzenzeiten und eine äußerst anfällige Cybersicherheit.
Smart Working … und die öffentliche Verwaltung
Auch die öffentlichen Verwaltungen, die oft als „technologische Dinosaurier“ dargestellt werden, sahen sich gezwungen, unmittelbar auf diese Krise zu reagieren: Die Bediensteten wurden massenweise aufgerufen, in dieser außerordentlichen Notlage Smart Working zu leisten. Auch in diesem Fall wurden die digitalen Vorrichtungen (Computer, Telefon und Internetanschluss) meist von den Bediensteten selbst zur Verfügung gestellt, da die Körperschaften nicht allen Bediensteten die erforderlichen Arbeitsmittel liefern konnten. Das liegt vor allem daran, dass Beschaffungen im öffentlichen Dienst immer über Ausschreibungen abgewickelt werden, die sehr zeitaufwändig und in einer solchen Notlage, in der schnell und effizient gehandelt werden muss, auf jeden Fall unzumutbar sind.
Die Auswirkung der neuen Arbeitsformen nach der Coronavirus-Notlage und die Bedeutung der Digitalisierung
Für öffentliche und private Arbeitgeber hieß es nun, schnell umzudenken. Das hat der Einführung neuer Arbeitsformen wie Smart Working und Telearbeit, die vorher nur wenigen vorbehalten waren, einen starken Schub gegeben. Das Coronavirus hat sich direkt auf das soziale Leben und insbesondere auf die Arbeitsorganisation ausgewirkt; seine Folgen für die Wirtschaft und die Beschäftigung werden nicht lange auf sich warten lassen.
Die genauen Auswirkungen dieser Situation und der neuen Arbeitsmodalitäten auf die Produktivität und auf die organisatorische Effizienz können aber erst nach diesem Notstand genauer untersucht werden. Ein wichtiger Punkt wird dabei sein, dass die Arbeit in Hinblick auf die Erreichung der gesteckten Ziele und nicht so sehr aufgrund der Dauer der Arbeitsleistung zu werten ist. Ein wichtiges Thema wird auch der Bedarf an weiteren Investitionen in digitale Ausstattungen und in die digitale Ausbildung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sei es im öffentlichen Dienst als auch in der Privatwirtschaft sein. Diese Erfahrung hat zudem die Grenzen der Telearbeit für ältere Altersgruppen, die mit technologischen Vorrichtungen weniger vertraut sind, aufgezeigt.
Die Rolle der Technologie in Bereichen, in denen keine Telearbeit möglich ist
Wir müssen die Rolle der modernen Technologien in der Industrie 4.0 neu überdenken: Die Betriebe, die bereits vor der Krise automatisierte Systeme und intelligente, aus der Ferne steuerbare Technologien eingeführt hatten, sind jetzt in der Lage, sogar Arbeiter und Techniker der Produktionslinien von zuhause aus arbeiten zu lassen.
Die Covid-19-Notlage hat aber auch ganz klar gezeigt, welche Berufe nicht durch digitale Vorrichtungen ersetzt werden können und stets die körperliche Anwesenheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erfordern: Dazu gehören zum Beispiel die Berufe im Gesundheitswesen und im Lebensmittelbereich (Einzelhandel und Supermärkte), aber auch die Beschäftigten der Apotheken und nicht zuletzt der Transportunternehmen, die für die Grundversorgung unentbehrlich sind.
Nichtsdestotrotz sind auch in diesen Bereichen Technologien sehr hilfreich. Das wird auch zur Zeit des Coronavirus deutlich: So verwenden zum Beispiel die Fachkräfte in Krankenhäusern auch bei der Betreuung der Patienten, in der wissenschaftlichen Forschung, für die Telemedizin oder die Ferndiagnostik fortgeschrittene Technologien. Was hingegen die Grundversorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten betrifft, kann der Einkauf über die digitalen Vorrichtungen von zuhause aus erledigt werden.
Die Covid-19-Notlage hat allen – Bürgern und Bürgerinnen, Unternehmen und Körperschaften – neue Rollen und Verhaltensweisen (wie die soziale Distanzierung, Homeworking, neue Hygienevorschriften) aufgezwungen, die vielleicht in unmittelbarer Zukunft zum neuen Alltag gehören werden.
Nähere Informationen erteilt die AFI-Forscherin Elisa Ganzer, Co-Autorin des in Kürze erscheinenden AFI-Handbuches „ROADMAP GUTE ARBEIT 4.0“ (T. 0471 41 88 38, elisa.ganzer@afi-ipl.org).
Elisa Ganzer beschäftigt sich als Forscherin im AFI-Arbeitsförderungsinstitut mit sozialwirtschaftlichen Themen wie Gleichstellung der Geschlechter, digitale Arbeit und Jugend & Universität. Für das AFI hat sie erst kürzlich das Handbuch „ROADMAP GUTE ARBEIT 4.0“ betreut, das demnächst erscheinen wird.
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