27. Juli 2023

Die Kluft zwischen Arm und Reich bleibt groß

Verteilungsgerechtigkeit

„Die Werte entsprechen denen der Vorjahre. Das vorherrschende Gefühl ist, dass es in Südtirol eine starke Ungleichverteilung des Reichtums gibt zwischen denen, die viel haben, und denen, die wenig haben“, gibt AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi zu bedenken und fügt hinzu: „In diesen schwierigen Zeiten ist ein einziger Faktor nicht mehr ausreichend, um die eigene gesellschaftliche Position zu verbessern – vielmehr ist der Erfolg das Ergebnis aus dem Zusammenspiel mehrerer Elemente: Engagement bei der Arbeit, das richtige Netzwerk und eine angemessene Ausbildung.“ Als Hauptursachen für die Ungleichheit nennen die Befragten die gesamtstaatliche und lokale Wirtschaftspolitik sowie (nicht erfolgte) Lohnanpassungen.

Die Hauptergebnisse der Sommerausgabe des AFI-Barometers wurden vom Institut bereits am 20. Juli im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Die Fragen des Themenblocks hingegen wurden erst vor wenigen Tagen ausgewertet. Der Themenblock zielte darauf ab, die Wahrnehmung wirtschaftlicher Ungleichheit in Südtirol zu erfassen, aber auch mögliche Ursachen und Instrumente aus arbeits- und wirtschaftspolitischer Sicht zu benennen.

Um das Thema Verteilungsgerechtigkeit aus allen Blickwinkeln zu beleuchten, sind sowohl Umfrage- als auch Verwaltungsdaten wertvoll, unterstreichen die AFI-Forscher. Umfragen spiegeln die Wahrnehmungen von bestimmten Personengruppen wider und zeigen auf, wie die Menschen über einen bestimmten Sachverhalt denken. Verwaltungsdaten wiederum sind nützlich, um persönliche Einschätzungen zu objektivieren.

Für nur 14% ist die Kluft unerheblich

86% der Befragten stufen die Kluft zwischen Arm und Reich in Südtirol als „relativ groß“ (67%) oder „sehr groß“ (19%) ein. Nur 14% finden, dass diese Kluft weniger relevant ist. Wie bereits erwähnt, können Ungleichheiten durch statistische Kennzahlen oder auf der Grundlage der persönlichen Wahrnehmung bewertet werden. In diesem Fall bilden die Daten die wahrgenommene Ungleichheit ab.

DIE STIMMUNG: Eine „Verschnaufpause“ für Südtirols Arbeitnehmern

Die Stimmung unter Südtirols Arbeitnehmern hellt sich ein weiters Mal auf, allerdings in den meisten Fällen von niedrigen Niveaus aus. Mit Blick auf die nächsten zwölf Monate erwarten Südtirols Arbeitnehmer mit deutlicher Mehrheit eine positive Entwicklung der Südtiroler Wirtschaft. Der entsprechende Indikator klettert auf sein Allzeithoch (Index: +24). Gleichzeitig wird erwartet, dass die Arbeitslosenzahlen in Südtirol tendenziell weiter abnehmen. Das Risiko, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, wird nach wie vor mit „moderat“ bewertet. Die Perspektiven, im Bedarfsfall einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu finden, knicken leicht ein, bleiben aber nach wie vor ausgesprochen gut. Die Fähigkeit der Arbeitnehmer, mit dem Einkommen ein Auskommen zu finden, klettern vom Allzeittief aus wieder Richtung langjähriger Durchschnitt. Zur Sparfähigkeit: 54% der Befragten geben an, in den nächsten zwölf Monaten Geld ansparen zu können – die anderen 46% halten dies nicht für möglich.

Die Hauptursachen der Ungleichheit: die Wirtschafts- und die Lohnpolitik

Für Südtirols Arbeitnehmer/Innen ist die gesamtstaatliche und die lokale Wirtschaftspolitik Hauptursache für die Kluft zwischen Arm und Reich (43%) – ein Ergebnis, 10 Prozentpunkte höher als im letzten Jahr (bzw. eine Zahl, die zum Nachdenken einlädt). Es folgen die Lohnpolitik (19%) sowie die Steuerpolitik (14%), also Faktoren, die der einzelne Arbeitnehmer nicht beeinflussen kann. Erst an fünfter Stelle finden wir „Einige arbeiten härter als andere“ als Antwort (9%).

Wichtig für die Karriere: Hart arbeiten, die richtigen Leute kennen und eine gute Ausbildung

Engagement und Arbeitseinsatz sind sicherlich notwendig, um die soziale Leiter hochzuklettern, aber nach Meinung der Befragten allein nicht ausreichend. Weitere wichtige Faktoren sind „Die richtigen Leute kennen“ und „Eine gute Ausbildung haben“. Alle drei Faktoren bilden nach Ansicht der Südtiroler Arbeitnehmer die notwendige Grundlage für den beruflichen Erfolg. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist „Glück“, das ein notwendiger Begleiter in den Wechselfällen des Lebens bleibt.

Instrumente zur Verringerung der Ungleichheit

Die einschneidendsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Ungleichheiten sind eine solide Grundbildung, lebenslanges Lernen, aber auch die Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen (97% bzw. 94% der Befragten stufen diese Maßnahmen als „sehr“ oder „ziemlich wirksam“ ein). Es folgen eine stärkere Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt (89%) und schließlich ein progressives Steuersystem in Kombination mit Sozialtransfers (87%).

 

Zur Pressemitteilung

Grafik 1: Die Kluft zwischen Arm und Reich in Südtirol ist…(%)

Grafik 2: Hauptgrund für die Kluft zwischen Arm und Reich in Südtirol (%)

Grafik 3: Was ist wichtig, um in Südtirol die Nase vorn zu haben (%)

 

Die Ergebnisse des AFI-Barometers sind im Internet unter www.afi-ipl.org/afi-barometer einsehbar.

 Das AFI-Barometer erscheint viermal im Jahr (Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst) und gibt das Stimmungsbild der Südtiroler Arbeitnehmerschaft wieder. Die telefonisch geführte Umfrage betrifft 500 Arbeitnehmer und ist für Südtirol repräsentativ.

 Nähere Informationen erteilen AFI-Direktor Stefan Perini (T. 0471 41 88 30, M. 349 833 4065, stefan.perini@afi-ipl.org) und AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi (T. 0471 41 88 40, maria-elena.iarossi@afi-ipl.org).

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